Barskamp im Freistaat Preußen und in der Weimarer Republik

Freistaat Preußen, Deutsche Republik oder auch Weimarer Republik, wird der Abschnitt der deutschen Geschichte von 1918 bis 1933 bezeichnet, in dem erstmals eine parlamentarische Demokratie in Deutschland bestand. Diese Epoche löste die konstitutionelle Monarchie der Kaiserzeit ab und begann mit der Ausrufung der Republik am 9. November 1918.

Nach dem Ersten Weltkrieg steht das Deutsche Reich als Verlierer da. Die außenpolitischen Bedrängnisse führen zur Revolution, Deutschland erlebt einen demokratischen Frühling, dies äußert sich in Kunst, Wissenschaft und Technik. Doch von Beginn an steht die junge Republik unter keinem guten Stern. Deutschland erlebt einige Putschversuche und Aufstände sowohl von der Rechten als auch von der Linken.

Der Freistaat Preußen war das größte Land des Deutschen Reiches während der Weimarer Republik.

Fahne der Weimarer Republik
Fahne der Weimarer Republik
Staatsgebiet des Deutschen Reiches
Staatsgebiet des Deutschen Reiches (Quelle: Wikipedia)
Fahne des Freistaat Preußen
Fahne des Freistaat Preußen
Gebiet des Freistaat Preußen
Gebiet des Freistaat Preußen

Die Oberste Heeresleitung (OHL), der Kaiser und die Generalität befinden sich im Herbst 1918, in den letzten Tagen des Ersten Weltkrieges, militärisch und politisch, in einer Sackgasse. Nach vier Jahren Kämpfe ist Deutschland am Ende seiner Kräfte und kann dem Druck der Alliierten, nicht länger standhalten. Die Niederlage ist unausweichlich, die Kapitulation nur noch eine Frage der Zeit.

Bundesarchiv, Paul v. Hindenburg und Erich Ludendorf
Bundesarchiv, Paul v. Hindenburg und Erich Ludendorf

Paul von Hindenburg mit Erich Ludendorf, im Ersten Weltkrieg an der Spitze der deutschen Armee, sprach während einer Rede von den „im Felde unbesiegten“ Deutschen. Der Krieg sei in der Heimat verloren worden. Das begünstigte der Mythos der so genannten Dolchstoßlegende, die dann den Aufstieg der Nationalsozialisten, die eine antisemitische, rassistische, nationalistische, völkische und antikommunistische Politik, verfolgten.

Dolchstosslegende
Dolchstosslegende

Nachdem der Krieg verloren ist, drängen die USA auf eine Abdankung des Kaisers. Sie wollen einen Regimewechsel in Deutschland, damit das Land sich innenpolitisch reformieren kann. Auch innerhalb des Reiches formiert sich Widerstand gegen den Kaiser und die Monarchie.

Kaiser Wilhelm II
Kaiser Wilhelm II
Max von Baden
Max von Baden

Es kommt zu revolutionären Zuständen im Reich, die SPD fordert die Abdankung des Kaisers. Wilhelm II, kann sich diesem Druck nicht länger erwehren: Am 8. November 1918 tritt Wilhelm II. zurück und flüchtet nach Schloss Doorn in Holland ins Exil, wo er noch 23 Jahre lebt. Wilhelm II. stirbt am 4. Juni 1941, beigesetzt wird er in Doorn.
Aus der Verantwortungslosigkeit der kaiserlichen Eliten, entsteht die erste demokratische Republik auf deutschem Boden. Träger der politischen Macht werden die Parteien.
Am 30. September 1918, empfiehlt Reichskanzler Georg Graf von Hertling bei seinem Rücktritt Max von Baden als Nachfolger.
3. Oktober 1918, Max von Baden wird zum Reichskanzler und preußischen Ministerpräsidenten berufen.
5. Oktober, auf Druck der Obersten Heeresleitung (OHL) übermittelt Max von Baden ein Waffenstillstandsgesuch an den amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson.
26. Oktober: Max von Baden erzwingt die Entlassung des Generals Erich Ludendorff aus der OHL.
Reichskanzler Max von Baden hatte am 9. November 1918 die Abdankung des Kaisers bekannt gegeben, obwohl er dazu nicht autorisiert worden war. Er glaubte, dass die Monarchie mit dem Thronverzicht Wilhelms II. noch eine Chance hätte.
Nach seinem Rücktritt widmet sich Max von Badens auf Schloss Salem der Gründung einer Schule, die zur Heranbildung einer neuen geistigen Elite in Deutschland beitragen soll.
Prinz Max von Baden stirbt am 6. November 1929 in Salem

Legende

Barskamp und Nachbardörfer

Stadt Lüneburg, Kreis Lüneburg, Bardowick, Boizenburg sowie Angaben zu den Herzögen von Lüneburg – Braunschweig.

Mit dem Fall der deutschen Monarchien im Jahre 1918 musste auch Herzog Ernst August zu Braunschweig und Lüneburg abdanken. Er ging mit seiner Familie ins österreichische Exil auf Schloss Cumberland. Die Familie kehrte 1925 in den Freistaat Braunschweig zurück.
Ernst August, der Schwiegersohn des früheren deutschen Kaisers, behauptete sich erfolgreich als freier Unternehmer und änderte 1931 den primären Familiennamen von Braunschweig-Lüneburg wieder in Hannover. Die theoretische Anwartschaft der Welfen auf diesen Titel wurde jedoch aufrechterhalten.
August Wilhelm Prinz von Preußen (1887–1949) trat dem deutsch-nationalen paramilitärischen Frontkämpferbund „Stahlhelm“ bei. Am 1. April 1930 (nach anderen Angaben schon im Herbst 1929) trat er in die NSDAP ein. Am 4. Juni 1931 trat er in die Sturmabteilung (SA) ein und erhielt dort im November 1931 den Rang eines Standartenführers.

Postkarte von Prinz August Wilhelm
Postkarte von Prinz August Wilhelm

Im Zuge der Machtergreifung wurde August Wilhelm 1933 in seiner Eigenschaft als SA-Obergruppenführer Mitglied des neuformierten Preußischen Staatsrats sowie Abgeordneter im Reichstag.

Anhang 1

Novemberrevolution

Matrosen- und Arbeiteraufstand
Matrosen- und Arbeiteraufstand

Der Matrosen- und Arbeiteraufstand in Kiel und Wilhelmshaven war der Startschuss für die Novemberrevolution in Deutschland. Am 4. November 1918 meutern Matrosen in Wilhelmshaven und Kiel die Matrosen der kaiserlichen Flotte, sie weigerten sich zu einer Entscheidungsschlacht gegen England in See zu stechen. Sie sollen in einer sinnlosen Endschlacht verheizt werden, so die Absicht der Seekriegsleitung. Von Kiel aus erstreckt sich eine Welle von Aufständen über das Land, der sich weitere Matrosen, Soldaten und Arbeiter anschließen. Arbeiter- und Soldatenräte formieren sich, der Ruf nach Abdankung des Kaisers und der Errichtung einer Republik wird laut. Unter dem Druck der innenpolitischen Unruhen überschlagen sich die Ereignisse. Am Vormittag des 9. November 1918 erreicht die revolutionäre Bewegung Berlin. 1918 spielte Gustav Noske er eine zentrale Rolle, er stellte sich an die Spitze des Kieler Arbeiter- und Soldatenrates und übte einen mäßigenden Einfluss auf die Revolutionäre aus. Um die Monarchie zu retten, verkündet Max von Baden eigenmächtig am 9. November, die Abdankung, Wilhelms II, als Deutscher Kaiser und König von Preußen und überträgt dem Sozialdemokraten Friedrich Ebert, das Amt des Reichskanzlers. Dieser war Vorsitzender der MSPD, welche die größte Fraktion im Reichstag stellte. Ebert wiederum beauftragte Paul Hirsch, den Fraktionsvorsitzenden der MSPD im preußischen Abgeordnetenhaus, mit der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung in Preußen. Der letzte Innenminister des Königreichs Preußen, Bill Drews, legitimierte die Übertragung der faktischen Regierungsgewalt an Hirsch. Am 10. November sah sich Ebert gezwungen, mit Vertretern der USPD eine gemeinsame Regierung, den Rat der Volksbeauftragten, zu bilden und ein Bündnis mit der Rätebewegung einzugehen. Die SPD ist stärkste Partei im Reichstag.
Von Dezember 1918 bis Februar 1919 war Noske Mitglied des Rates der Volksbeauftragten mit Zuständigkeit für Demobilisierung, Heer und Marine. Während der sozialen und politischen Auseinandersetzungen der Jahre 1918 bis 1920 trug er die Verantwortung für die blutige Niederschlagung kommunistischer Aufstände (u. a. Spartakusaufstand) durch republikfeindliche Freikorps. In der Weimarer Republik war Noske von Februar 1919 bis März 1920 erster Reichswehrminister und damit der erste sozialdemokratische Minister mit der Zuständigkeit für das Militär in der deutschen Geschichte. Nach seinem Ausscheiden aus der Reichsregierung war er von 1920 bis 1933 preußischer Oberpräsident der Provinz Hannover.
Schon unter Reichskanzler Otto von Bismarck gab es starke demokratische Bestrebungen im Parlament.
Der Fortbestand Preußens war nach der Revolution keineswegs gesichert.
Aus Furcht vor einer „roten Diktatur“ rief der Beirat des rheinischen Zentrums am 4. Dezember 1918 zur Bildung einer von Preußen unabhängigen Rheinischen Republik auf.
In der Provinz Hannover unterschrieben 100.000 Menschen den Aufruf zur Schaffung territorialer Autonomie. In Schlesien gab es Bestrebungen zur Bildung eines selbstständigen Landes.
Am 12. November 1918 erschienen die Beauftragten des Vollzugsrates der Arbeiter- und Soldatenräte Großberlins, unter ihnen Paul Hirsch, Otto Braun und Adolph Hoffmann, beim bisherigen Vizepräsidenten des preußischen Staatsministeriums Robert Friedberg. Sie erklärten die bisherige Regierung für abgesetzt und beanspruchten die Leitung der Staatsgeschäfte für sich. Noch am selben Tag gaben die Beauftragten des Vollzugsrates die Anweisung heraus, dass alle Organe des Staates ihre Arbeit wie gewohnt fortsetzen sollten. In einem Manifest an die Bevölkerung unter dem Titel An das preußische Volk! hieß es, dass es darum gehe, „das alte, von Grund auf reaktionäre Preußen […] in einen völlig demokratischen Bestandteil der einheitlichen Volksrepublik“ zu verwandeln.


Ebert plant, so schnell wie möglich eine Nationalversammlung einzuberufen, die eine Reichsverfassung ausarbeiten und die künftige Staatsform des Deutschen Reiches bestimmen soll: eine parlamentarische Republik oder Monarchie. Am Mittag des 9. November 1918 versammeln sich revolutionär gestimmte Massen vor dem Reichstag. Philipp Scheidemann, Vorstandsmitglied der SPD, um 12.00 Uhr ruft Scheidemann am Deutschen Reichstag die „deutsche Republik“ aus.

Phillipp Scheidemann ruft am Deutschen Reichstag die "deutsche Republik" aus
Phillipp Scheidemann ruft am Deutschen Reichstag die „deutsche Republik“ aus

Scheidemanns, Parteifreund Ebert ist entsetzt. Was aus Deutschland wird, ob Republik oder was sonst, entscheidet eine Konstituante“ – also eine verfassungsgebende Versammlung.

Karl Liebknecht ruft vom Balkon des Berliner Stadtschlosses die "freie sozialistische Republik Deutschland" aus
Karl Liebknecht ruft vom Balkon des Berliner Stadtschlosses die „freie sozialistische Republik Deutschland“ aus

Am 11. November 1918 unterzeichnet Matthias Erzberger, Abgeordneter der Zentrumspartei, den Waffenstillstand. Das Deutsche Reich steht unter Schock. Die Weimarer Republik entstand im Zuge der Novemberrevolution. Diese Bezeichnung der ersten auf nationalstaatlicher Ebene verwirklichten deutschen Republik ist auf den ersten Tagungsort der Verfassunggebenden Nationalversammlung, die Stadt Weimar, zurückzuführen. Der Staatsname Deutsches Reich wurde jedoch beibehalten.
Um das Revolutionsgeschehen im Sinne der eigenen Ziele unter Kontrolle zu behalten, bot die MSPD der USPD die paritätische Beteiligung in einer provisorischen Revolutionsregierung an, dem Rat der Volksbeauftragten. Friedrich Ebert hatte darin den Vorsitz und verständigte sich mit dem in die OHL-Führung aufgerückten General Wilhelm Groener über die wechselseitige Unterstützung zur Wiederherstellung geordneter Verhältnisse.
Seine vorläufige Legitimation erhielt der Rat der Volksbeauftragten durch den ebenfalls eilends konstituierten Vollzugsrat des Arbeiter- und Soldatenrates Groß-Berlin. Die Grundsatzentscheidung über das künftige politische System in ganz Deutschland fiel auf dem Reichsrätekongress im Dezember 1918, der jeweils mit großer Mehrheit zum einen den Antrag ablehnte, am Rätesystem festzuhalten (also den Arbeiter- und Soldatenräten die höchste gesetzgebende und vollziehende Gewalt einzuräumen), und zweitens stattdessen für den 19. Januar 1919 Wahlen zu einer verfassunggebenden Nationalversammlung anberaumte.
Der insbesondere im Spartakusaufstand mobilisierte straßenkämpferische Widerstand gegen die Politik des Rats der Volksbeauftragten wurde im Januar 1919 mit Hilfe von Freikorpstruppen niedergeschlagen, die politischen Köpfe der Erhebung, Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, wurden am 15. Januar 1919 ermordet.
Noch am gleichen Tag macht sich der Politiker Friedrich Ebert an die Regierungsbildung. Um die linksradikalen Kräfte einzubinden, macht Ebert der USPD große Zugeständnisse. Um jeden Preis soll die Bildung einer Räterepublik verhindert werden.
Bereits am 13. November 1918 beschlagnahmte die neue Regierung den Kronfideikommiss, den königlichen Besitz, und unterstellte ihn dem Finanzministerium.
Am Tag darauf bildeten Mehrheits- und Unabhängige Sozialdemokraten nach dem Muster der Koalition auf Reichsebene das preußische Revolutionskabinett. Ihm gehörten Paul Hirsch, Eugen Ernst und Otto Braun von der MSPD sowie Heinrich Ströbel, Adolph Hoffmann und Kurt Rosenfeld von der USPD an. Das Kultusministerium etwa teilten sich der Volksbeauftragte Hoffmann (USPD) und Konrad Haenisch (MSPD). Gemeinsame Vorsitzende der Regierung wurden Hirsch und Ströbel. Es kamen weitere parteilose oder anderen politischen Lagern angehörende Fachminister hinzu.
Dies gilt für den Posten des Kriegsministers – zunächst Heinrich Scheuch und ab Januar 1919 Walther Reinhardt –, des Handelsministers (Otto Fischbeck, DDP) oder des Ministers für öffentliche Arbeiten (Wilhelm Hoff). Dem engeren, ausschlaggebenden „politischen Kabinett“ gehörten aber nur die Politiker der beiden Arbeiterparteien an. Da die Führungsqualitäten der beiden Vorsitzenden vergleichsweise gering waren, gaben vor allem Otto Braun und Adolph Hoffmann den Ton in der provisorischen Regierung an.
Die Regierung erließ am 23. Dezember, die Verordnung zur Wahl einer verfassunggebenden Landesversammlung.
An die Stelle des Dreiklassenwahlrechts trat das allgemeine, freie und geheime Wahlrecht für Männer und Frauen.

Anhang 2

Frauenwahlrecht

In Deutschland finden am 19. Januar 1919 freie Wahlen zur Deutschen Nationalversammlung statt, sie war die erste reichsweite Wahl nach dem Verhältniswahlrecht und die erste, in der Frauen das aktive und passive Wahlrecht hatten. Die Wahlbeteiligung ist mit 83 Prozent sehr hoch. In die verfassungsgebende Nationalversammlung wurden erstmals 37 Frauen aus 5 Parteien gewählt.

Foto: Ullstein Bild, Foto gemeinfrei
Foto: Ullstein Bild, Foto gemeinfrei

Neben Clara Zetkin, die Reichstagsabgeordneten Lore Agnes (l.) war eine sozialdemokratische Politikerin und Frauenrechtlerin. Sie war Mitglied der Weimarer Nationalversammlung 1919/20 sowie des Reichstages von 1920 bis 1933 und Mathilde Wurm sie war eine deutsche Sozialarbeiterin und Politikerin (SPD, USPD).
Am 12. November 1918 wurde den Frauen gegeben, was ihnen bis dahin zu Unrecht vorenthalten worden ist: Das aktive und passive Wahlrecht. „Meine Herren und Damen! Es ist das erste Mal, dass in Deutschland die Frau als freie und gleiche im Parlament zum Volke sprechen kann …“ Mit diesen Worten eröffnete am 19. Februar 1919 Marie Juchaz, die spätere Gründerin der Arbeiterwohlfahrt, als erste Frau ihre Rede in der Weimarer Nationalversammlung. Das Frauenstimmrecht wurde von Akteurinnen verschiedener Flügel der Frauenbewegung seit Mitte des 19. Jahrhunderts erstritten und erkämpft.
Clara Josephine Zetkin, geborene Eißner war eine sozialistisch-kommunistische deutsche Politikerin, Friedensaktivistin und Frauenrechtlerin. Sie war bis 1917 aktiv in der SPD und in dieser Partei eine markante Vertreterin der revolutionären, – marxistischen Fraktion. 1917 schloss sie sich der SPD-Abspaltung USPD an.

Plakate fast aller Parteien zum Frauenwahlrecht:


Allerdings dauerte es auf der kommunalen Ebene acht Monate, ehe die alten Gremien durch demokratisch legitimierte ersetzt wurden.
Überlegungen zu einer grundlegenden Reform der Eigentumsverhältnisse auf dem Land, insbesondere die Aufteilung des Großgrundbesitzes, kamen nicht zum Tragen, vielmehr blieben sogar die Gutsbezirke als politische Machtbasis der großen Landbesitzer zunächst erhalten.
Am 14. November wurde das Herrenhaus abgeschafft das Abgeordnetenhaus aufgelöst. Allerdings blieb in den ersten Jahren der Austausch der politischen Eliten begrenzt. Die ehemals königlichen Landräte amtierten vielfach so weiter, als ob es keine Revolution gegeben hätte. Entsprechende Klagen der Arbeiterräte wies Innenminister Wolfgang Heine entweder ab oder er ignorierte sie. Wenn konservative Landräte selbst um ihre Entlassung ersuchten, wurden sie gebeten zu bleiben, um Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten
Fast alle Ministerien wurden mit Ministern beider Parteien doppelt besetzt.
Die neue sozialistische Regierung Preußens stand der bereits 1918/1919 aufgeworfenen Frage der Auflösung Preußens ablehnend gegenüber. Am 23. Januar sprachen sich die Teilnehmer einer Krisensitzung von Zentralrat und der damaligen provisorischen Regierung gegen eine Auflösung Preußens aus. Bei Enthaltung des Zentrums beschloss die Landesversammlung während ihrer ersten Sitzungen eine Resolution gegen eine mögliche Zerschlagung Preußens. Abgesehen von einigen Ausnahmen, zu denen auch Friedrich Ebert gehörte, fand die Zerschlagung Preußens auch bei den Volksbeauftragten auf Reichsebene kaum Unterstützung, weil man dies als ersten Schritt zur Abspaltung des Rheinlandes vom Reich ansah.
Aber so eindeutig war die Stimmung in Preußen nicht. Tatsächlich fasste die Landesversammlung im Dezember 1919 mit 210 gegen 32 Stimmen den Beschluss: „Als das größte der deutschen Länder erblickt Preußen seine Pflicht darin, zunächst den Versuch zu machen, ob sich nicht bereits jetzt die Schaffung eines deutschen Einheitsstaates erreichen lässt.“ Am Abend des 10. November hat sich die Mehrheit der gemäßigten Sozialisten gegen eine linksradikale Minderheit erfolgreich durchgesetzt, die Weichen für die Bildung einer parlamentarischen Demokratie sind gestellt.
Nachdem zunächst der Rat der Volksbeauftragten die Regierungsgewalt ausgeübt hatte, wurde auf Beschluss des Reichsrätekongresses am 19. Januar 1919 die Wahl zur Deutschen Nationalversammlung abgehalten. Am 11. Februar wählte die Nationalversammlung Friedrich Ebert zum Reichspräsidenten, der am 13. Februar das Kabinett Scheidemann ernannte. Die Weimarer Reichsverfassung trat am 14. August 1919 in Kraft. Sie konstituierte das Deutsche Reich als föderative Republik. Staatsoberhaupt war der für eine Amtszeit von sieben Jahren direkt vom Volk gewählte Reichspräsident, der als Teil der Exekutive über weitreichende Befugnisse verfügte.
Die Regierung führte der vom Reichspräsidenten zu ernennende und zu entlassende Reichskanzler, der dem Deutschen Reichstag gegenüber verantwortlich war. Als Volksvertretung mit umfassenden Gesetzgebungs-, Budget- und Kontrollrechten wurde der Reichstag für eine Legislaturperiode von vier Jahren nach dem Verhältniswahlrecht gewählt. Die Länder vertrat der Reichsrat. Die Parlamente auf Landesebene nannten sich Landtage.
Mit der Abteilung I A wurde 1919 auch eine‚ Centrale Staatspolizei‘ (Innennachrichtendienst) gegründet.
Nach den Wahlen zur verfassungsgebenden Versammlung (Konstituante) am 19. Januar 1919 trat die Weimarer Nationalversammlung am 6. Februar 1919 im Nationaltheater in Weimar zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Durch die Weimarer Verfassung wurde das Deutsche Reich erstmals eine parlamentarische Demokratie mit in der Verfassung verankerten liberalen und sozialen Grundrechten. Auf der Ebene des Gesamtstaates wurden die Reichsgesetze vom auf vier Jahre gewählten Reichstag beschlossen, bei dem auch das Budgetrecht lag und der den Reichskanzler und jeden Minister durch ein destruktives Misstrauensvotum absetzen konnte. Außer vom Reichstag war der Reichskanzler auch noch vom Reichspräsidenten abhängig, der ihn einsetzen und absetzen konnte. „Auf dem durch Art. 76 geregelten Gesetzgebungswege können Verfassungsrechtsänderungen jeder Art bewirkt werden: nicht nur minder bedeutsame, mehr durch technische als durch politische Erwägungen bedingte, sondern auch bedeutsame, einschließlich solcher, die sich auf die rechtliche Natur des föderativ organisierten Reichsganzen (Bundesstaat), die Zuständigkeitsverschiebung zwischen Reich und Ländern, die Staats- und Regierungsform des Reichs und der Länder (Republik, Demokratie, Wahlrecht, Parlamentarismus, Volksentscheid, Volksbegehren) und andere prinzipielle Fragen (Grundrechte) beziehen. Die durch Art. 76 den hier bezeichneten qualifizierten Mehrheiten übertragene verfassungsändernde Gewalt ist gegenständlich unbeschränkt.“
Im dritten Abschnitt der Weimarer Verfassung wurde unter anderem auf eine Staatskirche verzichtet; damit war das bis dahin noch geltende „landesherrliche Kirchenregiment“ abgeschafft, nach dem der Landesherr Träger der Regierungsgewalt in der evangelischen Landeskirche war.
Bereits im Kaiserreich hatten die Parteien, über die Gesetzgebung des Reichstages, einen großen Einfluss auf die Politik gehabt. Aber in der Weimarer Zeit mussten sie zusätzlich in der Lage sein, Koalitionsregierungen zu bilden (und Kandidaten für die Reichspräsidentschaft zu stellen); das wäre ihnen bereits im Kaiserreich schwergefallen und hat tatsächlich die Durchsetzung des parlamentarischen Regierungssystems vor 1918 verhindert. Da die demokratischen Politiker im Kaiserreich von der Führung der Staatsgeschäfte ausgeschlossen gewesen waren, stützten sie sich in Militär, Verwaltung und Justiz weiterhin auf das vorhandene Personal, das die republikanischem Staatsform und die Demokratie jedoch weitgehend ablehnte.
Mit Ausnahme Preußens fand keine grundlegende Demokratisierung der Beamtenschaft statt. Symptomatisch dafür waren die vielfach politisch motivierten Urteile der Justiz: Rechte Straftäter wurden vielfach mit wesentlich milderen Urteilen belegt als linke.
Auch große Teile der Bevölkerung lehnten bürgerliche Demokratie und Republik ab.
Nach der Verabschiedung der Verfassung wurden die Wahlen zum ersten regulären Landtag auf den 20. Februar 1921 festgelegt. Stärkste politische Kraft wurde die SPD (114 Mandate), gefolgt vom Zentrum (84). Auch wenn die DDP Mandate an die DVP verlor, hatte die Weimarer Koalition anders als bei der Reichstagswahl von 1920 mit zusammen 224 von 428 Sitzen noch immer eine, wenn auch geringe Mehrheit.
Die Bildung einer neuen Regierung erwies sich allerdings als nicht einfach. Während DDP und Zentrum auch die DVP mit in die Koalition holen wollten, lehnte die SPD dies wegen der Nähe der DVP zur Schwerindustrie („Stinnespartei“) und wegen ihrer unklaren Haltung zur Republik ab.
Daher trat auch nicht Braun als Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten an. Stattdessen wurde Adam Stegerwald mit den Stimmen der bisherigen Koalition und der DVP zum Ministerpräsidenten gewählt. Der Versuch von Stegerwald, eine feste Große Koalition zu bilden, scheiterte. Daraufhin kündigte die SPD ihre Unterstützung auf, und Stegerwald trat zurück.
Innerhalb der VKPD (also dem Zusammenschluss von KPD und linken Teilen der USPD) kam es im Februar 1921 zum Sturz der Parteiführung um Paul Levi. Dabei spielte Karl Radek als Abgesandter des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale (EKKI) eine zentrale Rolle. An Levis Stelle traten Vertreter der bisherigen linken Opposition. Vorsitzende wurden Heinrich Brandler und Walter Stoecker.
Die Weimarer Verfassung galt jedoch zu ihrer Zeit als eine der fortschrittlichsten überhaupt. Sie war nach der Märzrevolution von 1848 der zweite – und erste erfolgreiche – Versuch, eine liberale Demokratie in Deutschland zu etablieren.
Nach dem Tod des ersten Reichspräsidenten, des SPD-Politikers Friedrich Ebert, wurde 1925 mit Paul von Hindenburg ein konservativer Nachfolger gewählt, der der republikanischen Staatsform betont kritisch gegenüberstand.
Die meisten politischen Parteien zur Zeit der Weimarer Republik hatten ihre ideologische Ausrichtung von ihren unmittelbaren Vorgängern im Kaiserreich übernommen und vertraten weitgehend die Interessen ihrer jeweiligen Klientel. Im Reichstag, dem Parlament, waren zeitweise bis zu 17 und selten weniger als 11 verschiedene Parteien vertreten. In 14 Jahren gab es 20 Kabinettswechsel. Elf Minderheitenkabinette waren von der Duldung durch Parteien abhängig, die nicht zur Regierungskoalition gehörten.
Seit dem Sommer 1932 verfügten die republik- und demokratiefeindlichen Parteien, neben der NSDAP die rechtskonservative Deutschnationale Volkspartei (DNVP) und die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD), zusammen über eine negative Mehrheit im Reichstag. Mit der DNVP und anderen rechtskonservativen Kräften bildete sich um Adolf Hitler als Parteiführer der Nationalsozialisten Anfang 1933 eine neue, zur Macht drängende Kräftekonstellation. Am 30. Januar zum Reichskanzler ernannt, gelang es Hitler in kurzer Zeit, die demokratischen, rechtsstaatlichen und föderalen Strukturen der Republik zu zerstören und seine Diktatur durchzusetzen. Die Deutschen wählen die Nationalversammlung, weil man in Berlin Unruhen befürchtet, tritt sie in Weimar zusammen. Weimar gibt der jungen deutschen Republik damit eine Verfassung und ihren Namen. Deutschland ist nun eine parlamentarische Demokratie.
Die SPD wird mit 37,9 Prozent stärkste Partei im Reichstag. Friedrich Ebert wird Reichspräsident, und erhält damit das höchste Amt im Staat.
Am 31. Juli 1919 wurde die Weimarer Verfassung schließlich in ihrer endgültigen Form von der Nationalversammlung angenommen und vom Reichspräsidenten Friedrich Ebert am 11. August in Schwarzburg ausgefertigt.

Am 6. Februar 1919 tagt zum ersten Mal die Nationalversammlung - Quelle, Deutsches Bundesarchiv
Am 6. Februar 1919 tagt zum ersten Mal die Nationalversammlung – Quelle, Deutsches Bundesarchiv

Am 6. Februar 1919 tagt zum ersten Mal die Nationalversammlung
Zum Gedenken an die „Geburtsstunde der Demokratie“ wurde dieser Tag zum Nationalfeiertag bestimmt.
Als einer der bedeutendsten Politiker der Weimarer Republik setzt sich Ebert nachdrücklich dafür ein, dass die junge deutsche Demokratie aus den zermürbenden Nachwehen des Ersten Weltkriegs herausfindet.
Doch die Geburtsstunde der ersten deutschen Republik steht unter keinem guten Stern. Von Anfang an wird ihr der verlorene Krieg angelastet, die Führer der demokratischen Parteien müssen die Niederlage vor Volk und Vaterland verantworten. Die Republik hatte mehrere Strukturprobleme aus der Kaiserzeit geerbt, so die Wirtschafts- und Sozialordnung sowie die konfessionell geprägte Schulpolitik.

Reichspräsident Friedrich Ebert, 15. Februar 1925, aus Wikipedia
Reichspräsident Friedrich Ebert, 15. Februar 1925, aus Wikipedia


Anhang 3

Territoriale Gliederung

Am Tag der Verfassungsverkündung bestand das Deutsche Reich aus 24 Ländern, die ihre Wurzeln in den Gliedstaaten des Deutschen Kaiserreichs hatten. Mit Wirkung vom 1. Mai 1920 vereinigten sich die thüringischen Freistaaten mit Ausnahme Coburgs, das sich 1920 Bayern anschloss, zum Land Thüringen. Im Jahr 1921 trat Waldeck-Pyrmont den Landesteil Pyrmont an Preußen ab, 1929 ging auch Waldeck in Preußen auf.
In ihrer Kernzeit umfasste die Republik somit 18 Länder (Angaben von 1925) und das Saargebiet.
Der Freistaat bestand aus zwölf Provinzen. Hinzu kam Berlin, dessen Status einer Provinz entsprach. Die Hohenzollerschen Lande in Süddeutschland bildeten einen Kommunalverband und hatten teilweise eine eigene Provinzverwaltung. An der Spitze der Provinzen standen die vom Staatsministerium ernannten Oberpräsidenten und, einem vom Innenminister ernannten Mitglied und fünf vom Provinzialausschuss gewählten Mitgliedern. Parlamentarische Gremien der als Provinzialverband bezeichneten Selbstverwaltungskörperschaften der Provinzen waren die Provinziallandtage. In Berlin hieß das Gremium Stadtverordnetenversammlung, in Posen-Westpreußen sowie in den Hohenzollerschen Landen Kommunallandtag, in Hessen-Nassau bestanden Kommunallandtage für die Bezirksverbände neben dem Provinziallandtag. Die Provinziallandtage wählten einen Landeshauptmann; dem entsprach in Berlin der Oberbürgermeister. Außerdem wählte der Landtag aus den eigenen Reihen zur Führung der laufenden Geschäfte einen Provinzialausschuss. Landeshauptmann, Provinziallandtag und -ausschuss waren Organe der (kommunalen) Selbstverwaltung. Die Provinziallandtage entsandten Vertreter in den Reichsrat und den preußischen Staatsrat.
Unterhalb der Provinzebene gab es 34 Regierungsbezirke (Stand 1933), von denen einige wie Berlin, Posen-Westpreußen, Oberschlesien, Schleswig-Holstein und die Hohenzollerschen Lande zugleich Provinzen waren. Insgesamt 361 Kreise, auch Landkreise genannt, bildeten in ländlichen und kleinstädtischen Gebieten die Basis der staatlichen Verwaltung. Vor allem größere Städte waren kreisfreie Stadtkreise. Von diesen gab es insgesamt 116. Während es davon im agrarischen Ostpreußen nur fünf gab, existierten im industriellen Westfalen 21 Stadtkreise.
Verzögert durch den Kapp-Putsch, aber auch durch das Abwarten der Reichsverfassung, legte Severing erst am 26. April 1920 einen Verfassungsentwurf vor. Am 30. November 1920 beschloss die Landesversammlung die Verfassung des Freistaates Preußen. 280 Abgeordnete stimmten dafür, 60 dagegen und 7 enthielten sich. Gegen die Verfassung stimmten insbesondere die DNVP und unabhängige Abgeordnete.
Die Legislaturperiode des Landtages betrug vier Jahre. Das Parlament konnte durch Mehrheitsbeschluss oder Volksentscheid aufgelöst werden. Der Landtag bildete die Legislative und hatte das Recht, Untersuchungsausschüsse einzurichten. Mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Abgeordneten konnte er die Verfassung ändern. Das Parlament wählte den Ministerpräsidenten. Außerdem hatte es das Recht, Mitgliedern der Regierung oder dem Staatsministerium insgesamt das Misstrauen auszusprechen. Mit einer Zweidrittelmehrheit konnte es Minister vor dem Staatsgerichtshof anklagen.

Der Landkreis Lüneburg wurde 1932 durch die Eingliederung des Kreises Bleckede und 1974 durch die Eingliederung der Stadt Lüneburg deutlich vergrößert.

Am 26. Januar 1919 fanden die Wahlen zur verfassunggebenden preußischen Landesversammlung statt. Die SPD wurde stärkste Fraktion, gefolgt von Zentrum und DDP.
Die Weihnachtsunruhen in Berlin zwischen der Volksmarinedivision und dem nach dem Ebert-Groener-Pakt entsandten Garde-Schützenregiment führten wie im Reich auch in Preußen zum Rückzug der USPD aus der Regierung. Die Entlassung des USPD-Politikers Emil Eichhorn als Polizeipräsident Berlins löste den Spartakusaufstand vom 5. bis 12. Januar 1919 aus.
Gustav Noske wird im Februar 1919 Reichswehrminister im Kabinett Scheidemann und trägt die Verantwortung für die Niederschlagung der Berliner Märzkämpfe. Wieder lässt er den von der Reichswehr tolerierten Freikorps freie Hand. So geschieht es auch bei der Zerschlagung der Münchner Räterepublik, die Noske für einen „Karneval des Wahnsinns“ hält. Noskes kurze Ära als Reichswehrminister neigt sich abrupt dem Ende zu, als er in Übereinkunft mit Reichspräsident Ebert am 29. Februar 1920 die Auflösung der Freikorps verfügt.
Im Reich erwies sich das Land Preußen politisch stabiler als das Reich. Das Land Preußen wurde fast durchweg von den Parteien der Weimarer Koalition regiert: von SPD, DDP und Zentrum, zeitweise erweitert um die DVP. Mit nur kurzen Unterbrechungen stellten die Sozialdemokraten mit Paul Hirsch und Otto Braun den Ministerpräsidenten. Vor allem die Innenminister Carl Severing und Albert Grzesinski brachten die Reform von Verwaltung und Polizei des Landes im republikanischen Sinne voran, so dass Preußen in der Weimarer Zeit als Bollwerk der Demokratie galt.

Anhang 4

Friedensvertrag von Versailles
siehe auch Wikipedia mit direktem Link zum Friedensvertrag
Der Friedensvertrag von Versailles, wurde am 28. Juni 1919 zwischen dem Deutschen Reich einerseits sowie Frankreich, Großbritannien, den Vereinigten Staaten und ihren Verbündeten andererseits geschlossen und beendete den Ersten Weltkrieg auf völkerrechtlicher Ebene. Er wurde im Pariser Vorort Versailles verhandelt und unterschrieben. Der Friedensvertrag war auf der Pariser Friedenskonferenz 1919 im Schloss von Versailles von den Alliierten und Assoziierten Mächten ohne Beteiligung Deutschlands ausgehandelt worden. Seine Unterzeichnung war zugleich der Gründungsakt des Völkerbunds. Der Vertrag konstatierte die alleinige Verantwortung Deutschlands und seiner Verbündeten für den Ausbruch des Weltkriegs und verpflichtete es zu Gebietsabtretungen, Abrüstung und Reparationszahlungen an die Siegermächte. Nach ultimativer Aufforderung unterzeichnete Deutschland den Vertrag unter Protest im Spiegelsaal von Versailles. Nach der Ratifizierung und dem Austausch der Urkunden trat er am 10. Januar 1920 in Kraft. Die am 16. Juni 1919 von den alliierten und assoziierten Mächten festgelegte Frist zur Vertragsunterzeichnung endete am Abend des 23. Juni 1919.
Deutschland akzeptierte, alleine am Ersten Weltkrieg schuld zu sein.
Deutschland musste Gebiete abgeben.
Deutschland musste Reparationszahlungen (Schadensersatz) leisten.
Die Möglichkeiten des deutschen Militärs wurden eingeschränkt.
Nach dem 1. Weltkrieg war die Grundlage des Aufbaus des Freistaat Preußen der Friedensvertrag von Versailles.
Ohne dass eine deutsche Delegation hatte mitverhandeln können, wurde ihr im Mai 1919 das Ergebnis präsentiert, das massive Gebietsabtretungen vorsah, was mit einem empfindlichen Verlust von Kohle-, Erzvorkommen und industriellen Ressourcen einherging. Durch den Versailler Vertrag verlor das Deutsche Reich 80 % seiner Eisenerzvorkommen, 28 % seiner Steinkohleförderung und 15 % seiner landwirtschaftlichen Nutzfläche. Die Wirtschaftskraft Deutschlands wurde dadurch massiv geschwächt. Deutschland verlor ein Siebtel seines Territoriums und musste dadurch ein Zehntel seiner Bevölkerung abtreten.
Westpreußen kam zu Polen, Frankreich erhielt Elsass-Lothringen zurück. Die ehemaligen Kolonien wurden unter das Mandat des Völkerbundes gestellt, ebenso das Saarland, dessen Bevölkerung fünfzehn Jahre später entscheiden sollte, ob sie zu Frankreich oder Deutschland gehören wollte. Für Oberschlesien wurde eine Volksabstimmung im Jahr 1921 beschlossen, in der eine Mehrheit für die Zugehörigkeit zu Deutschland votierte. Dennoch teilten die Alliierten die Region und schlugen die industriellen Teile Oberschlesiens Polen zu. Er sah große Gebietsabtretungen Deutschlands bzw. zeitweilige Gebietsbesetzungen, die Internationalisierung wichtiger deutscher Flüsse und den Verzicht auf alle Kolonien vor. Der sozialdemokratische Ministerpräsident Philipp Scheidemann sagte, dass einem deutschen Politiker die Hand verdorren müsse, wenn er diesen Vertrag unterschriebe, und trat zurück. Die Stärke der Militärmacht der Weimarer Republik wurde durch Artikel 160 des Versailler Vertrages geregelt. Die Größe des Landheeres wurde auf 100.000 und die der Marine auf 15.000 Berufssoldaten begrenzt. Der Unterhalt von Luftstreitkräften, Panzern, schwerer Artillerie, U-Booten und Großkampfschiffen war dem Reich untersagt. Zugleich wurde die Auflösung von Generalstab, Kriegsakademien und Militärschulen verfügt.
Weil dem Deutschen Reich und seinen Verbündeten die Schuld am Krieg zugewiesen wurde, lehnten viele Parteien und Menschen in Deutschland den Versailler Vertrag ab. Für die demokratische Weimarer Republik stellte der Friedensvertrag eine große Belastung dar.

Anhang 5

Völkerbund als Teilfestlegung des Friedenvertrags von Versailles.

Der Völkerbundpalast in Genf
Der Völkerbundpalast in Genf

Außerdem sah der Versailler Vertrag die Gründung des Völkerbunds vor, eines der erklärten Ziele von US -Präsident Wilson. Der Völkerbund war Vorläuferorganisation der heutigen Vereinten Nationen, die nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet wurden. Deutschland war bis 1926 kein Mitglied. Die USA traten dem Völkerbund nicht bei und schlossen 1921 einen Sonderfrieden mit Deutschland, den Berliner Vertrag.

Anhang 6

Internationale Arbeitsorganisation (ILO), als Teilfestlegung des Friedenvertrags von Versailles.

Ebenso wurde durch den Versailler Vertrag (Kapitel XIII) die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) ins Leben gerufen, welche bis heute besteht. Auch die Regelungen über diese Organisation sind in allen Pariser Vorortverträgen enthalten und heben Problemstellungen der Arbeitswelt erstmals auf die Stufe des internationalen Rechtssystems. Der Versailler Vertrag geht somit über die Regelungen klassischer Friedensverträge hinaus.

Anhang 7

Märzunruhen

Seit Jahresende 1918 befand sich die Revolution in einer zweiten Phase, die von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Streiks in verschiedenen Regionen des Reichs geprägt war.
Im März 1919 wurde Berlin zum Zentrum der Auseinandersetzungen. Auch im Ruhrgebiet kam es zu Unruhen und Massenstreiks. Den Beginn der Märzkämpfe bildete ein Beschluss zum Generalstreik am 3. März zur Durchsetzung dieser Forderungen, der von der Regierung unter dem militärischen Oberbefehlshaber Gustav Noske sofort mit der Verhängung des Belagerungszustands über Berlin und Spandau beantwortet wurde. Bereits am 3. März wurde der Ausnahmezustand über Berlin verhängt. Schon an diesem Tag kam es zu ersten Unruhen, die in den folgenden Tagen eskalierten. Der Generalstreik wurde am 8. März von der Arbeiterschaft beendet. Von Anhängern der KPD wurde auch nach offizieller Beendigung des Streiks am 8. März 1919 fortgeführt und wurde zu einer bewaffneten Auseinandersetzung mit Polizei und Regierungstruppen. Ziele der KPD waren u.a. die Anerkennung und Absicherung der Räte und die Demokratisierung des Militärs. Es gab einige Zugeständnisse seitens der Weimarer Regierung (Arbeiterräte, Arbeitsrecht, Sozialisierung, Militärgerichtsbarkeit), mit der eine Delegation der MSPD-Arbeiterräte verhandelt hatte.
Nach schweren Kämpfen v.a. am Alexanderplatz und in Lichtenberg zwischen linken Kräften und Angehörigen der republikanisch-revolutionären Volksmarinedivision einerseits und den Regierungstruppen sowie Freikorps andererseits, gab Reichswehrminister Noske am 9. März 1919 den Befehl aus, dass jeder, der mit einer Waffe in der Hand gestellt wurde, sofort zu erschießen sei. Auslöser für den Befehl war eine Falschmeldung in verschiedenen Zeitungen, nach der mindestens 60 Polizeibeamte im Lichtenberger Polizeipräsidium ermordet worden seien.
Am 13. März 1919 rechtfertigte sich Noske für sein Vorgehen in einer Rede vor der Nationalversammlung und beschuldigte u.a. die Presseorgane „Rote Fahne“ und „Freiheit“ der Aufwiegelung. Aber erst mit der Aufhebung des Schießbefehls durch Noske am 16. März waren die Auseinandersetzungen auf den Straßen beendet. In der Kabinettsitzung vom 18. März 1919 nahm Reichsjustizminister Otto Landsberg Bezug auf einen Artikel in der „Freiheit“ vom 18. März 1919, nach dem der Schießbefehl verschärft worden war durch einen Befehl der Garde-Kavallerie-Schützen-Division, der die Erschießung bewaffneter Zivilisten, die sich nicht unmittelbar an Kämpfen beteiligten, erlaubte. Dieser Befehl liegt nicht als Quelle vor, allerdings wird auf ihn auch in der Sitzung der Nationalversammlung vom 27. März 1919 Bezug genommen. Die gewalttätigen Kämpfe, die von den Regierungstruppen auf Grundlage des Befehls von Noske in aller Härte geführt wurden, kosteten ca. 1200 Menschen das Leben, 75 davon auf der Regierungsseite; andere Schätzungen vermuten an die 2.000 Tote. Unter den Opfern waren auch der Führer der KPD, Leo Jogiches, und Matrosen der Volksmarinedivision.
Offizielle Zählungen seitens der Behörden gab es nicht. Sie gehören damit zu den blutigsten, aber weithin vergessenen Konflikten im Rahmen der revolutionären Auseinandersetzungen in Deutschland nach dem Ende des Ersten Weltkrieges.

Eisenbahnattentat während der Märzkämpfe
Eisenbahnattentat während der Märzkämpfe

Über Berlin hinaus kam es zwischen Ende 1918 und Anfang Mai 1919 auch in verschiedenen anderen Regionen zu Streiks, Unruhen und bewaffneten Kämpfen, so u.a. in Bremen, Hamburg, München und den west- und mitteldeutschen Bergbaurevieren. Gleichzeitig zeigen die Protokolle der Kabinettsitzungen, die im Bestand R 43 I Reichskanzlei vorliegen, dass die Kämpfe und die Toten im März 1919 in Berlin dort kaum thematisiert wurden. Aufrührerische Arbeiter verbarrikadierten sich auf dem Gelände der Leunawerke. Seit dem 23. März 1921 begannen die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen den Aufständischen und der Polizei. In Hamburg kam es zur Besetzung der Werften Blohm & Voss und Vulkan. Ketty Guttmann rief dabei auf einer Belegschaftsversammlung bei Vulkan aus: „Die ganze Welt sieht auf Hamburg! Wenn Hamburg brennt, brennt die Welt! Ihr seid die Herren der Welt, wenn ihr nur wollt … Wer die Waffen hat, hat die Macht, und wer hat die Waffen? Die Sicherheitsmannschaften! Wenn sie euch entgegentreten, nehmt ihnen die Waffen weg, dann habt ihr die Macht.“ Bei den Protestaktionen kamen mindestens 20 Menschen ums Leben. Guttmann wurde steckbrieflich gesucht und am 26. März zusammen mit Rudolf Lindau verhaftet.
Reichspräsident Friedrich Ebert (SPD) verhängte am 24. März den Ausnahmezustand nach Artikel 48 der Weimarer Verfassung für die Provinz Sachsen und Groß-Hamburg (einschließlich der zu Preußen gehörenden Teile, siehe Groß-Hamburg-Gesetz). Die VKPD (Vereinigte Kommunistische Partei Deutschlands) rief am gleichen Tag den Generalstreik im ganzen Reich aus, der jedoch nur in der Lausitz, Teilen des Ruhrgebiets und Thüringen sowie in Hamburg befolgt wurde. Im mitteldeutschen Industriegebiet verschärften sich nach Bekanntwerden der Präsidialverordnung die Kämpfe, die nun auch auf Halle, Merseburg und Bitterfeld übergriffen. Allerdings blieben die Streikenden aus den Reihen der VKPD und KAPD unter sich. Unterstützung von Anhängern der USPD oder gar der VSPD blieben fast gänzlich aus.
Am 29. März war der Aufstand militärisch weitgehend entschieden. Die Regierungstruppen setzten sich durch und schlugen die Aufstände nieder.
Die Zentrale der VKPD erklärte am 1. April den Generalstreik, der so nicht für das gesamte Deutschland befolgt wurde, für beendet.
Insgesamt hatten sich am Streik im ganzen Reich etwa 200.000 Arbeiter beteiligt. Bei den Kämpfen kamen etwa 180 Menschen ums Leben. Darunter waren 35 Polizisten. Die Zahl der Verwundeten ist unbekannt. An die 6.000 Beteiligte wurden als Umsturzverdächtige verhaftet. Davon wurden 4.000 Beteiligte zu insgesamt 2.000 Jahren Gefängnis verurteilt. Acht wurden zu lebenslanger Haft und vier zum Tode verurteilt.

Bei einer zweiten Wahl am 21. April wurde Stegerwald mit den Stimmen der bürgerlichen Parteien einschließlich der DNVP erneut gewählt. Er bildete eine Minderheitsregierung aus Zentrum und DDP sowie einigen Parteilosen. Diese musste von Fall zu Fall um die Unterstützung durch SPD und DNVP werben.
Am 20. März beschloss die Landesversammlung ein Gesetz zur vorläufigen Ordnung der Staatsgewalt. Dadurch wurden alle bisherigen Rechte des preußischen Königs, auch dessen Rolle als oberste Instanz der evangelischen Kirche, dem Staatsministerium übertragen. Es hatte allerdings nicht das Recht, die Landesversammlung zu vertagen oder zu schließen. Das Staatsministerium blieb kollegial aufgebaut, wurde vom Präsidenten der Landesversammlung berufen und war auf das Vertrauen einer Mehrheit im Parlament angewiesen.
Alle bisherigen Gesetze, die nicht den Bestimmungen über die vorläufige Ordnung widersprachen, blieben in Kraft. Damit wurde Rechtssicherheit geschaffen.
Wichtigste Aufgabe der Versammlung war die Erarbeitung einer Verfassung. Dem Verfassungsausschuss gehörten elf Abgeordnete der SPD, sechs des Zentrums, jeweils vier von DDP und DNVP, einer von der USPD sowie ein Vertreter der DVP an.
Am 25. März 1919 trat die bisherige provisorische Regierung Hirsch zurück. An ihre Stelle trat wie im Reich eine Koalition aus MSPD, Zentrum und DDP („Weimarer Koalition“). Diese kam zusammen auf 298 von 401 Sitzen. Ministerpräsident wurde Paul Hirsch.
Albert Südekum wurde Finanzminister, Wolfgang Heine Innenminister und Konrad Haenisch Kultusminister. Sie zählten zum rechten Flügel der Partei. Eher zum linken Flügel zählte der Gewerkschafter Otto Braun, der neuer Landwirtschaftsminister wurde. Adam Stegerwald (Minister für Volkswohlfahrt) und Hugo am Zehnhoff (Justizminister) gehörten dem Zentrum an. Von der DDP wurde Otto Fischbeck Handelsminister und Rudolf Oeser Minister für öffentliche Arbeiten. Neu war das Ministerium für Volkswohlfahrt. Darin wurde die Verantwortung für alle Bereiche der staatlichen Wohlfahrtspflege zusammengefasst.
Während die Arbeiter des Ruhrgebiets im Ersten Weltkrieg wenig radikal waren, änderte sich dies nach der Revolution. Bereits Ende Januar 1919 hatte es im Zusammenhang mit der Sozialisierungsbewegung im Ruhrgebiet massive Streiks im Ruhrbergbau gegeben; diese verschlechterten die Energieversorgung in weiten Teilen des Reiches und Preußens zusätzlich zu den Transportproblemen. Im Ruhrgebiet kam es ausgehend von Hamborn ab dem 1. April 1920 zum Streik mit dem Ziel einer deutlichen Verbesserung der Arbeits- und Lebensverhältnisse. Auch Forderungen nach einer Sozialisierung des Bergbaus wurden erhoben. Neben der USPD und der KPD spielten dabei Syndikalisten eine beträchtliche Rolle. Nachdem die Reichsregierung das Freikorps Lichtschlag ins Ruhrgebiet entsandt hatte, rief die Streikleitung („Neunerkommission“) zum Generalstreik auf. Insgesamt 350.000 Bergarbeiter und damit die Mehrheit der Beschäftigten traten daraufhin in den Ausstand. Carl Severing sollte als Reichs- und Staatskommissar die Lage beruhigen. Ihm gelang es, die verhärteten Fronten aufzubrechen und letztlich ein Ende des Streiks herbeizuführen.
In Oberschlesien kam es im August 1919 zu bewaffneten Aufständen von Teilen der polnischen Bevölkerung (1. Polnischer Aufstand). Die Bewegung wurde mit militärischen Mitteln unterdrückt.
In Pommern kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Landarbeitern und Großgrundbesitzern, die Unterstützung durch die regionalen Armeeeinheiten und Freikorps erhielten. Otto Braun setzte im September eine Notverordnung zur Durchsetzung tariflicher Regelungen der Landarbeiterlöhne durch.
Justizorgane spielten im Hinblick auf das Ende der Republik eine wichtige Rolle. Die Verhandlungen im Hochverratsprozess gegen Hitler konnten ungehindert zur Hetze und zur Verbreitung von Propaganda missbraucht werden.
Darüber hinaus verbüßte er nach seinem Putschversuch nur eine geringe Haftstrafe und kam bald wieder frei. In der Urteilsbegründung wurde der Verzicht auf eine Ausweisung Hitlers (damals österreichischer Staatsbürger), die nach dem Republikschutzgesetz angebracht war, Im sogenannten Weltbühne-Prozess wurden die Journalisten Carl von Ossietzky und Walter Kreiser wegen Spionage zu 18 Monaten Haft verurteilt, weil in der Zeitschrift auf die geheime Aufrüstung der Reichswehr aufmerksam gemacht worden war.

Anhang 8

Parteiensystem

Das preußische Parteiensystem
Das preußische Parteiensystem

Das preußische Parteiensystem aus Konservatismus (DNVP), politischem Katholizismus (Zentrum), Liberalismus (DVP/DDP), Sozialdemokratie (MSPD/SPD) und Sozialismus/Kommunismus (USPD/KPD) entsprach dem auf Reichsebene. Eine besondere Affinität zur preußischen Monarchie hatte dabei die DNVP. Unter den regionalen Parteien spielte die Deutsch-Hannoversche Partei eine gewisse Rolle.
DNVP und DVP hatten ihre Schwerpunkte in einigen Städten und in überwiegend eher ländlichen protestantischen Gebieten, insbesondere in Ostelbien. In Ostpreußen kam die DNVP bei der Reichstagswahl 1928 auf über 30 %. Das Zentrum war in den katholischen Gebieten wie Schlesien, Rheinland und Westfalen stark. Im Reichstagswahlbezirk Oppeln kam die Partei 1928 auf über 40 %. Die Linksparteien waren in den Großstädten und stark gewerblich geprägten nichtkatholischen Gebieten bedeutend. In Berlin etwa kam die SPD 1928 auf 34 %, die KPD auf fast 30 %. Durch den Aufstieg der NSDAP änderte sich zwar dieses Muster, blieb aber in den Grundzügen bis 1932 prägend. Innerhalb Preußens zeigten sich hinsichtlich der Unterstützung der Republik erhebliche Unterschiede. Berlin, Rheinland und Westfalen waren mehrheitlich für die Demokratie, während es in den östlichen und agrarischen Provinzen weiterhin Vorbehalte gab. Bei der Reichstagswahl vom März 1933 war die NSDAP in Reichstagswahlkreisen wie Ostpreußen (56,5 %), Frankfurt an der Oder (55,2 %), Liegnitz (54 %) oder Schleswig-Holstein (53,2 %) überdurchschnittlich stark, in Berlin (31,3 %), Westfalen (34,3 %) oder der Rheinprovinz (34,1 %) aber deutlich schwächer als im Reichsdurchschnitt (43,9 %).
Ein Faktor für die politische Stabilität Preußens war, dass die SPD als lange Zeit stärkste Partei bis 1932 bereit war, die Regierungsverantwortung zu übernehmen und nicht wie auf Reichsebene 1920, 1923 oder 1930 in die Oppositionsrolle zu flüchten. Die Verantwortlichen in der preußischen SPD identifizierten sich rasch mit ihrer neuen Aufgabe. Der Philosoph Eduard Spranger sprach von einer „Affinität der Sozialdemokratie zu dem Preußischen“, und Otto Braun behauptete von sich: „Preußen ist nie preußischer regiert worden als in meiner Amtszeit.“ Neben den handelnden Personen spielten dabei auch strukturelle Gründe eine Rolle. Der politische Bruch vom Dreiklassenwahlrecht zur demokratischen Verfassung war in Preußen ausgeprägter als im Reich. Langjährige SPD-Parlamentarier, gewöhnt an die Rolle der Opposition, gab es im preußischen Landtag anders als im Reichstag kaum. Die Fraktionsmitglieder wurden daher nicht so sehr von eingefahrenen Rollenmustern geprägt und konnten sich besser auf die Rolle als Regierungsfraktion einstellen. Zudem war der linke Parteiflügel, der einer Zusammenarbeit mit den bürgerlichen Parteien kritisch gegenüberstand, schwach. Kompromisslösungen waren daher in Preußen einfacher durchzusetzen als im Reich. Trotz ihrer Stärke gerade in den Großstädten waren nur wenige Oberbürgermeister in den Großstädten Sozialdemokraten. Die Partei hatte Respekt vor dem Sachverstand bürgerlicher Kommunalpolitiker und überließ häufig Vertretern der DDP diese Stellung. Lediglich Ernst Reuter in Magdeburg und Max Brauer in Altona zählten Anfang 1933 zu den Sozialdemokraten.

Wahlergebnisse in der Weimarer Republik von 1919 bis 1933
Wahlergebnisse in der Weimarer Republik von 1919 bis 1933
Wahlergebnisse der Reichstagswahlen von 1919 bis 1933
Wahlergebnisse der Reichstagswahlen von 1919 bis 1933

Anhang 9

Die Reichskanzler und die Vizekanzler der Weimarer Republik

Die Reichskanzler und die Vizekanzler der Weimarer Republik
Die Reichskanzler und die Vizekanzler der Weimarer Republik

Der Reichskanzler im Kaiserreich hatte noch keiner Partei angehört, erstmals wurde 1917 ein Vertreter der Zentrumspartei Kanzler.

9. November 1918 bis 13. Februar 1919 Friedrich Ebert, SPD (kein verfassungsmäßiger Reichskanzler, aber Mitglied im Rat der Volksbeauftragten)

Der erste Reichspräsident, Friedrich Ebert, amtierte von 1919 bis 1925.

Ebert war zunächst von der Nationalversammlung eingesetzt worden, danach wurde sein Mandat mehrmals verlängert. Die erste verfassungsmäßige Wahl zum Reichspräsidenten fand 1925 statt, gewählt wurde der parteilose Weltkriegsfeldmarschall Paul von Hindenburg. 1932 wurde er wiedergewählt; er starb am 2. August 1934.

Vom November 1918 bis zur Reichstagswahl 1920 gehörten die Regierungschefs der SPD an. Von 1920 bis 1932 stellte das Zentrum fast alle Reichskanzler, mit Ausnahme eines Sozialdemokraten, eines Liberalen und zweier Parteiloser.

13. Februar bis 20. Juni 1919 Philipp Scheidemann, SPD (Ministerpräsident) Vizekanzler: Eugen Schiffer (1860-1954), DDP, ab 30. April 1919: Bernhard Dernburg (1865-1937), DDP

21. Juni 1919 bis 26. März 1920 Gustav Bauer, SPD (bis 14. August 1919 Ministerpräsident) Ministerpräsident (ab 14. August 1919 Reichskanzler): Gustav Bauer, SPD, Vizekanzler: Matthias Erzberger, Zentrum, ab 3. Oktober 1919: Eugen Schiffer (1860-1954), DDP

Reichskanzler: Hermann Müller, SPD
Vizekanzler: Erich Koch(-Weser) (1875-1944), DDP

Reichskanzler: Konstantin Fehrenbach, Zentrum
Vizekanzler: Rudolf Heinze, DVP

Reichskanzler: Joseph Wirth, Zentrum
Vizekanzler: Gustav Bauer, SPD

Reichskanzler: Wilhelm Cuno, parteilos

Reichskanzler: Gustav Stresemann, DVP
Vizekanzler: Robert Schmidt (1864-1943), SPD

Reichskanzler: Gustav Stresemann, DVP

Reichskanzler: Wilhelm Marx, Zentrum
Vizekanzler: Karl Jarres, DVP

Reichskanzler: Wilhelm Marx, Zentrum
Vizekanzler: Karl Jarres, DVP

Dezember 1925
Reichskanzler: Hans Luther, parteilos

Reichskanzler: Wilhelm Marx, Zentrum
Vizekanzler: Oskar Hergt, DNVP

Reichskanzler: Hermann Müller, SPD

Reichskanzler: Heinrich Brüning, Zentrum
Vizekanzler: Hermann R. Dietrich (1879-1954), DDP

Reichskanzler: Heinrich Brüning, Zentrum
Vizekanzler: Hermann R. Dietrich (1879-1954), DStP

Reichskanzler: Franz von Papen, Zentrum

Reichskanzler: Kurt von Schleicher, parteilos

27. März bis 8. Juni 1920 Hermann Müller, SPD

25. Juni 1920 bis 4. Mai 1921 Constantin Fehrenbach, Zentrum

10. Mai 1921 bis 14. November 1922 Joseph Wirth, Zentrum

22. November 1922 bis 12. August 1923 Wilhelm Cuno, parteilos

13. August bis 23. November 1923 Gustav Stresemann, DVP

30. November 1923 bis 15. Januar 1925 Wilhelm Marx, Zentrum

15. Januar 1925 bis 16. Mai 1926 Hans Luther, parteilos

16. Mai 1926 bis 28. Juni 1928 Wilhelm Marx, Zentrum

28. Juni 1928 bis 30. März 1930 Hermann Müller, SPD

30. März 1930 bis 31. Mai 1932 Heinrich Brüning, Zentrum

1. Juni bis 1. Dezember 1932 Franz von Papen, parteilos (bis 3. Juni Zentrum)

3. Dezember 1932 bis 28. Januar 1933 Kurt von Schleicher, parteilos

ab dem 30. Januar 1933 Adolf Hitler NSDAP

Ab 30. Januar 1933 Ende der Weimarer Republik, Ernennung von Hitler zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 Präsidialkabinett, seit 24. März 1933 mit diktatorischen Vollmachten

Reichskanzler: Adolf Hitler, NSDAP
Vizekanzler: Franz von Papen, parteilos

statista.com

Ebert gelingt der Schulterschluss mit den bürgerlichen Eliten, erfolgreich betreibt er die Reintegration der deutschen Soldaten in die Gesellschaft. Die Soldaten der Reichswehr wurden auf die Weimarer Verfassung vereidigt. Oberbefehlshaber war der Reichspräsident, während der Reichswehrminister die Befehlsgewalt ausübte.
Die militärische Kommandogewalt befand sich jedoch in den Händen des Chefs der Heeresleitung bzw. der Marineleitung. Daraus entwickelte sich ein Dualismus zwischen Zivilgewalt und militärischer Kommandogewalt, der zu einer schweren Belastung der Republik werden sollte.
Denn während sich Reichswehrminister Otto Geßler während seiner Amtszeit mit begrenzten politischen und administrativen Aufgaben begnügte, gelang es dem Chef der Heeresleitung Hans von Seeckt, die Reichswehr der Kontrolle des Reichstages weitgehend zu entziehen. Unter Seeckt entwickelte sich die Reichswehr zu einem „Staat im Staate“. Sie fühlte sich eher einer abstrakten Staatsidee als der Verfassung verpflichtet und stand der politischen Linken mit ausgeprägtem Misstrauen gegenüber.

Militärparade der Reichswehr, 1930, Foto gemeinfrei
Militärparade der Reichswehr, 1930, Foto gemeinfrei

Bereits während des Kapp-Putsches 1920 hatte Seeckt den Einsatz der Reichswehr gegen die putschenden Freikorps verweigert, aber anschließend den Aufstand der Roten Ruhrarmee brutal niederschlagen lassen.
Mit dem Sturz Seeckts 1926 nahm die Reichswehr einen Kurswechsel vor, für den vor allem Kurt von Schleicher verantwortlich zeichnete.
Ziel war es, breite gesellschaftliche Unterstützung für das Projekt der Wiederaufrüstung zu wecken und die Gesellschaft selbst zum Zwecke künftiger Kriegsführung zu militarisieren. Unter der Reichspräsidentschaft Hindenburgs erlangte die Reichswehrführung zunehmenden politischen Einfluss und bestimmte schließlich auch die Zusammensetzung der Reichsregierungen mit. Dadurch trug die Reichswehr maßgeblich zur Entwicklung eines autoritären Präsidialsystems während der Endphase der Weimarer Republik bei.
Wie bei der Reichswehr fanden auch in der Verwaltung und in der Rechtspflege keine demokratischen Reformen statt. In der Weimarer Verfassung wurde allen Beamten die „Freiheit ihrer politischen Gesinnung“ und ihre „wohlerworbenen Rechte“ garantiert; Richter erhielten mit der Unabsetzbarkeit einen noch stärkeren Schutz. Zur Zeit des Kaiserreichs war bei Beamten und Richtern während der Ausbildung und bei der Einstellung auf eine monarchistisch-patriotische Gesinnung geachtet worden, mit der Folge einer rechtskonservativen Ausrichtung im Gros der Beamten- und Richterschaft. Speziell die Linken, deren Anhänger zur Kaiserzeit keine wichtigen Posten übernehmen konnten, setzten sich nunmehr besonders für die Freiheit der politischen Gesinnung ein. Eine von den linken Parteien gewollte Wahl der Richter durch das Volk kam nicht zustande, da man die Justiz nicht in die Politik hineinziehen wollte. Der wichtigste Hinderungsgrund für Reformen bei den Beamten war die Notwendigkeit einer funktionierenden Verwaltung am Ende des Krieges, um beispielsweise die Soldaten zurück nach Deutschland zu holen. Auch kam eine rechts eingestellte Beamtenschaft den bürgerlichen Parteien nicht ungelegen zur Verhinderung einer weitergehenden sozialistischen Revolution. Den Eid auf die Verfassung, den die Beamten leisten mussten, bezogen viele auf den Staat, nicht aber auf die Republik.
Die politische Einstellung der Justiz kann man deutlich in ihren Urteilen erkennen, zum ersten Mal bei der Münchner Räterepublik und beim Kapp-Putsch. Während linke Straftäter mit enormer Härte behandelt wurden, kam es bei rechten Straftätern sehr selten überhaupt zu Anklagen oder Strafen, die auch sehr viel milder ausfielen Der Kriegsgerichtsrat und spätere Reichsanwalt (bzw. Oberreichsanwalt am Volksgerichtshof) Paul Jorns hatte unter anderem wichtige Spuren des Mordes an Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg nicht aufgenommen und die Ermittlungen auch anderweitig behindert.
Der Erste Weltkrieg hinterließ schwere ökonomische und soziale Lasten. Insbesondere die faktische Enteignung vieler Bürger durch die Hyperinflation und die nach dem Versailler Vertrag geforderten Reparationen erwiesen sich als – nicht zuletzt psychologische – Belastung und wurden von den Gegnern der Republik für ihre Agitation gegen die „Erfüllungspolitik“ genutzt. Obwohl die britische und die US-amerikanische Regierung die Notwendigkeit von Nachverhandlungen über den Zahlungsmodus der Reparationsforderungen anerkannten und verhindern wollten, dass das Deutsche Reich durch eine hohe Schuldenaufnahme ökonomisch in die Krise geriet, war der Versailler Vertrag eine schwere Belastung für die Republik. Denn die Rechte mobilisierte mit aller Kraft gegen das „Schanddiktat von Versailles“ und nutzte jede Gelegenheit, republiktreue Politiker als „Erfüllungspolitiker“, „Novemberverbrecher“ und „Handlanger der Alliierten“ zu diffamieren. Auch die Mordanschläge auf den früheren Reichsfinanzminister und Unterzeichner des Waffenstillstandes Matthias Erzberger (Zentrum), den Industriellen und Reichsaußenminister Walther Rathenau (DDP) und andere zielten darauf, im aufgebrachten politischen Klima den Bürgerkrieg zu provozieren. Die Rechte, ermuntert durch die militärischen Erfolge gegen linke Aufständische, glaubte die Zeit reif für den Staatsstreich. Im März 1920 marschierte das Freikorps Ehrhardt mit Unterstützung des Reichswehrchefs in Berlin, General Walther Freiherr von Lüttwitz, in die Reichshauptstadt ein. Doch brach der Putschversuch am zivilen Widerstand der Beamten zusammen, die den Anweisungen der selbst ernannten Regierung nicht folgten. Ein Generalstreik im ganzen Reich brachte die Putschisten endgültig zu Fall; der Staatsstreich von rechts war durch eine republikanische Loyalität „von unten“ verhindert worden.
Und doch fanden auch in der Folgezeit immer wieder eindrucksvolle Manifestationen zugunsten der Weimarer Republik statt. Nach dem Mordanschlag auf Außenminister Walther Rathenau durch rechtsradikale Terroristen am 24. Juni 1922 riefen die Gewerkschaften einen eintägigen Generalstreik aus; überall im Reich demonstrierten Menschen gegen die Terrorpolitik von rechts und für die Republik. Otto Braun löste Hirsch als Ministerpräsident ab. Otto Braun hatte in dieser Zeit bereits resigniert. Am 4. Juni 1932 übergab er seine Befugnisse an seinen Stellvertreter Hirtsiefer und zog sich fast gänzlich zurück.


Anhang 10

Kapp-Putsch

Der Kapp-Putsch vom März 1920 stellte die Republik auf eine erste Bewährungsprobe.
Am 10. März verlangt General von Lüttwitz die Auflösung des Parlaments, am 13. März beginnt mit dem Einrücken der Brigade Ehrhardt in Berlin der „Kapp-Lüttwitz-Putsch“. Fünf Tage später ist das erste rechtsradikale Machtergreifungsunternehmen zu Ende. Generalstreiks in ganz Deutschland zeigen machtvoll, was in Deutschland möglich wäre.
Artikel 160 des Versailler Vertrags verfügte die Reduzierung des deutschen Heers auf 100.000 Berufssoldaten und die Auflösung der aus Freiwilligen bestehenden Freikorps. Um die im Versailler Vertrag festgelegte Truppenstärke zu erreichen, mussten ab Sommer 1919 rund 200.000 Freikorpssoldaten entlassen werden. Putschbestrebungen frustrierter und von der Entlassung bedrohter Freikorpsoffiziere trafen im Frühjahr 1920 mit Umsturzplänen der im Oktober 1919 gegründeten „Nationalen Vereinigung“, einer Nachfolgeorganisation der Deutschen Vaterlandspartei, zusammen. Einer der führenden Köpfe des gegen die Weimarer Republik gerichteten rechtsextremen Verschwörer Kreises war der ostpreußische Generallandschaftsdirektor Wolfgang Kapp, der intensiven Kontakt zu Walther von Lüttwitz unterhielt. Dieser war insofern Teil der preußischen Geschichte, als hinter den Putschisten als einzige relativ geschlossene soziale Gruppe die Großgrundbesitzer des Landes standen. Hinzu kamen einige Militärs und Angehörige des beamteten Bildungsbürgertums. Insgesamt war der Putsch eine Rebellion des alten konservativen ostelbischen Milieus, das seine Entmachtung fürchtete. Während die Reichsregierung nach Stuttgart auswich, blieb die preußische in Berlin. Der insbesondere von den Gewerkschaften und den Beamten initiierte Generalstreik legte in Preußen das öffentliche Leben weitgehend lahm. Die meisten Oberpräsidenten standen hinter der legalen Landesregierung. Nur die der Provinzen Schleswig-Holstein, Hannover und Ostpreußen unterstützten die Putschisten. Bemerkenswert ist, dass der Oberpräsident in Ostpreußen der Sozialdemokrat August Winnig war. Anders sah es bei vielen Landräten aus. Bei diesen gab es einen deutlichen Ost-West-Unterschied. In den westlichen Provinzen hielten fast alle Landräte, wenn auch teilweise nur auf Druck der Arbeiter, zur verfassungsmäßigen Regierung. In Ostpreußen standen sämtliche Landräte auf Seiten der Antirepublikaner.
Freikorpssoldaten unter der Führung von General von Lüttwitz besetzten das Berliner Regierungsviertel und ernannten den ehemaligen preußischen Generallandschaftsdirektor Wolfgang Kapp zum Reichskanzler.

Wolfgang Kapp
Wolfgang Kapp

Einer Anweisung der Interalliierten Militärkontrollkommission folgend, löste Reichswehrminister Gustav Noske am 29. Februar 1920 die in der Armee hochgeachtete rund 6.000 Mann starke Marinebrigade
von Hermann Ehrhardt und das Freikorps Loewenfeld auf. Da die
Reichswehr nicht bereit war, gegen die Putschisten militärisch vorzugehen, die legale Regierung zog sich zunächst nach Dresden und anschließend nach Stuttgart zurück und rief von dort aus zum Generalstreik gegen die Putschisten auf. Noch im Laufe des 13. März erschien in allen größeren Städten ein von den sozialdemokratischen Regierungsmitgliedern und vom Parteivorsitzenden der SPD Otto Wels unterzeichneter Aufruf zum Generalstreik, der insbesondere in der Reichswehr so starke Irritationen auslöste, dass die Reichsregierung sich umgehend von diesem Aufruf distanzierte. Der Putsch scheiterte rasch, nicht zuletzt an der Weigerung der Ministerialbürokratie, den Anordnungen Kapps Folge zu leisten. Die Reichswehr hingegen hatte sich als unzuverlässig erwiesen und abwartend verhalten.
Der Putsch war nach vier Tagen beendet. Zudem zeigte auch der Generalstreik mit dem Zusammenbruch der öffentlichen Dienstleistung verheerende Wirkung. In Sachsen, in Thüringen und im Ruhrgebiet versuchten linksgerichtete Kräfte jedoch, den Generalstreik zur „proletarischen Revolution“ voranzutreiben. Nach dem raschen Zusammenbruch des Putsches ging im Ruhrgebiet der Generalstreik weiter. Gegen den Willen Severings wurden erneut Freikorpssoldaten eingesetzt, und es kam zu heftigen Kämpfen mit einer neu gebildeten roten Ruhrarmee. Das von Severing maßgeblich durchgesetzte Bielefelder Abkommen zur Verhinderung eines Bürgerkriegs führte nur bei Teilen der roten Ruhrarmee zur Einstellung der Kämpfe, anderswo gingen diese weiter. Anfang April marschierten Reichswehrtruppen ins Ruhrgebiet ein und schlugen den Aufstand blutig nieder.


Die Weimarer Republik war durch den Versailler Vertrag von 1919 verpflichtet, Reparationen an die Siegermächte des Ersten Weltkriegs zu leisten. Als die deutsche Seite mit der Zahlung der Reparationen vor allem in Form von Holz- und Kohlelieferungen nicht mehr nachkam, war dies für den französischen Ministerpräsidenten Raymond Poincaré, gleichzeitig amtierender Außenminister, Anlass, das Ruhrgebiet militärisch zu besetzen.


Anhang 11

Ruhrbesetzung

Ruhrbesetzung 1923 bis 1925 von Truppen Frankreichs und Belgiens.
Seit dem 11.1.1923 rückten französi¬sche und belgische Verbände nach und nach vor, so dass das Kontingent der Besatzungstruppen an der Ruhr gegen Ende des Monats März eine Stärke von ca. 100.000 Soldaten er¬reicht hatte. Eine Anexion des Ruhrgebiets war jedoch nicht geplant. Die Besetzung der Ruhr dauerte bis 1925 bis das Deutsche Reich seinen Verpflichtungen aus dem Versailler Vertrag wieder nachkam. Das Londoner Ultimatum vom 5. Mai 1921, mit dem die alliierten Siegermächte ihren Zahlungsplan für die deutschen Reparationen in Höhe von 132 Milliarden Goldmark gegenüber Deutschland durchsetzen wollten, die Deutschland innerhalb von 30 Jahren abzuleisten hat, wurde mit der Drohung verbunden, im Falle einer deutschen Weigerung das Ruhrgebiet zu besetzen. Die Regierung des Vereinigten Königreichs stufte die Ruhrbesetzung als illegal ein. Die Regierung der Vereinigten Staaten missbilligte die Besetzung als verwerfliche „Gewaltpolitik“. Verlauf und Ausgang der Ruhrkrise besaßen sowohl für die internationalen Beziehungen mit und zwischen den Siegermächten wie auch für die innenpolitischen Entwicklungen Deutschlands weitreichende Bedeutung.
Aufgrund von Verzögerungen bei den Lieferungen rückten mehrfach französische Truppen in unbesetztes Gebiet vor. Am 8. März 1921 besetzten französische und belgische Truppen in der gemäß Friedensvertrag entmilitarisierten Zone des Rheinlands die Städte Duisburg und Düsseldorf. Wegen der sich verschärfenden wirtschaftlichen Probleme des Deutschen Reiches verzichteten die Alliierten im Jahr 1922 auf Reparationszahlungen in Form von Geld und forderten stattdessen Sachleistungen (Stahl, Holz, Kohle) ein. Am 26. Dezember stellte die alliierte Reparationskommission dann einstimmig fest, dass Deutschland mit den Reparationslieferungen im Rückstand war. Als am 9. Januar 1923 die Reparationskommission erklärte, Deutschland halte absichtlich Lieferungen zurück (unter anderem seien 1922 nur 11,7 Millionen statt der geforderten 13,8 Millionen Tonnen Kohle und nur 65.000 statt 200.000 Telegraphenmasten geliefert worden), nahmen Frankreich und Belgien dies zum Anlass, in das Ruhrgebiet einzumarschieren. Damit schuf sich Frankreich die Ausgangsbasis für eine mögliche Besetzung des gesamten rheinisch-westfälischen Industriegebiets. Außerdem ermöglichte die Kontrolle der Duisburg-Ruhrorter Häfen die genaue Registrierung des gesamten Exports von Kohle, Stahl und Fertigprodukten aus dem Ruhrgebiet.

„Nein! Mich zwingt Ihr nicht!“ – Protestplakat 1923
„Nein! Mich zwingt Ihr nicht!“ – Protestplakat 1923

Die Besetzung löste in der Weimarer Republik einen Aufschrei nationaler Empörung aus. Die Reichsregierung unter dem parteilosen Kanzler Wilhelm Cuno rief die Bevölkerung am 13. Januar 1923 zum „passiven Widerstand“ auf. An Frankreich und Belgien wurden keine Reparationen mehr gezahlt, Industrie, Verwaltung und Verkehr wurden mit Generalstreiks teilweise lahmgelegt.
Betriebe und Behörden leisteten teilweise den Anordnungen der Besatzer nicht Folge. Die Beamten und Arbeiter der Deutschen Reichsbahn verweigerten den Dienst und verließen ihre Dienstposten. Die Besatzungstruppen reagierten auf den passiven Widerstand mit 150.000 verhängten Strafen, die neben Gefängnisstrafen vor allem bei Eisenbahnern die Ausweisung aus dem besetzten Gebiet bedeuteten. Inzwischen begingen ehemalige Freikorpsmitglieder und auch Kommunisten Sabotageakte und Anschläge gegen die Besatzungstruppen. Insbesondere in der KPD war diese Taktik allerdings umstritten. Die Besatzungsmacht wiederum reagierte mit Sühnemaßnahmen, die Situation eskalierte und forderte 137 Tote. Ende März wurden bei einer Demonstration in Essen 14 Krupp-Arbeiter von französischen Truppen erschossen. Albert Leo Schlageter wurde als Abschreckung wegen Spionage und Sabotage zum Tode verurteilt und hingerichtet.
Die französische Seite reagierte auf den zivilen Widerstand mit Verhaftungen, Hausdurchsuchungen und Ausweisungen.

Französische Truppen in Essen, 1923
Französische Truppen in Essen, 1923

In einer als „Essener Blutsamstag“ bekannt gewordenen Begebenheit widersetzen sich Arbeiter und Werksleitung der Firma Krupp der Beschlagnahme ihrer Lastkraftwagen durch französische Soldaten, worauf diese in die Menge schossen und dabei 13 Arbeiter töteten. In der Folge wurde Gustav Krupp von den französischen Besatzern in einem Schauprozess zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt.
Ein weiterer Höhepunkt der Besetzung war die „Dortmunder Bartholomäus-Nacht“: In der Nacht zum Sonntag, den 10. Juni 1923, wurden zwei Franzosen von Unbekannten erschossen. Als Reaktion verhängte die Besatzungstruppe mittags eine Ausgangssperre für die Zeit von 21 Uhr abends bis 5 Uhr in der Frühe.
Während des passiven Widerstands erstatte der Staat die ausgefallenen Lohneinkünfte von etwa zwei Millionen Arbeitern im Ruhrgebiet. Zu diesem Zahlungszweck befahl die Regierung unter Reichskanzler Cuno der Reichsbank eine extreme Geldaufblähung mit der Folge sofort einsetzender Hyperinflation samt einhergehenden extremen sozialen und gesellschaftlichen Verwerfungen.
Der neu gewählte Reichskanzler Gustav Stresemann verkündete am 26. September 1923 den Abbruch des passiven Widerstands. Der volkswirtschaftliche Gesamtschaden der Ruhrbesetzung wird geschätzt mit etwa vier bis fünf Milliarden Goldmark.
Auf Druck der USA und Großbritanniens lenkte Frankreich 1923/1924 durch Abschluss des MICUM-Abkommens ein. Die Besetzung des Ruhrgebiets endete gemäß dem 1924 verabschiedeten Dawes-Plan im Juli/August 1925.
Nach dem Abzug wurde am 17. September 1925 in Bochum die „Befreiungsfeier für Westfalen“ abgehalten.

Mit dem Preußenschlag (auch als Staatsstreich in Preußen bezeichnet) wurde am 20. Juli 1932 durch eine erste Notverordnung des Reichspräsidenten die geschäftsführende und legale Regierung des Freistaates Preußen durch den Reichskanzler Franz von Papen als Reichskommissar ersetzt. Eine zweite Verordnung vom selben Tag übertrug dem Reichswehrminister die vollziehende Gewalt in Preußen und schränkte die Grundrechte ein.
So ging die Staatsgewalt im von der Preußenkoalition unter dem Sozialdemokraten Otto Braun geführten größten Land des Deutschen Reiches auf die Reichsregierung von Franz von Papen über. Alle zivilgesellschaftlichen wie auch staatlichen Möglichkeiten des Protests oder Widerstands waren durch den Reichspräsidenten Paul von Hindenburg für illegal erklärt worden.

Anhang 12

Kultur und Technik zur Zeit der Weimarer Republik

Die Weimarer Republik war durch den ersten Durchbruch der Massenkultur, wie Rundfunk, Kino und Sportveranstaltungen geprägt. Auch in der Architektur, dem Fahrzeugbau wurden neue Wege beschritten. Viele Künstler brachen mit überkommenen Formen und Strukturen und übten mit den Mitteln eines politisch-aggressiven Realismus scharfe Gesellschaftskritik an den Missständen der Zeit. Die „Goldenen 20er Jahre“, stehen für Aufbruchstimmung und Avantgarde, sowie kulturelle Experimentierfreudigkeit, für ausschweifende Partys und ungestillte Vergnügungssucht, für Verruchtheit und sexuelle Freizügigkeit.

12a, Radio
Am 22. Dezember 1920 gelang es in Deutschland erstmalig, ein Radiokonzert auszustrahlen, das europaweit gehört werden konnte, auf dem „Funkerberg“ bei Königs Wusterhausen nahe Berlin, hatte eine Telegrafentruppe des Deutschen Heeres jahrelang an Sendeanlagen getüftelt. Als Geburtsstunde des Rundfunks in Deutschland, gilt der 29. Oktober 1923. Wie bei der Entstehung jedes neuen Mediums drängten auch beim Rundfunk die technischen Möglichkeiten nach einer baldigen Umsetzung in die Praxis.

Erich Schwarzkopf (links) bedient den Lichtbogensender, mit dem am 22. Dezember 1920 das Weihnachtskonzert als erste Rundfunksendung in Deutschland gesendet wurde. (Förderverein Sender Königs Wusterhausen / Archiv)
Erich Schwarzkopf (links) bedient den Lichtbogensender, mit dem am 22. Dezember 1920 das Weihnachtskonzert als erste Rundfunksendung in Deutschland gesendet wurde. (Förderverein Sender Königs Wusterhausen / Archiv)

Die Weimarer Republik verzeichnete vor allem ein rasantes Anwachsen anwendungsorientierter Grundlagenforschungen in der Technik. Am Stand der Firma Telefunken konnten Besucher der Deutschen Funkausstellung in Berlin 1928 als Hauptattraktion die erste öffentliche Vorführung von Fernsehbildern verfolgen.

12b Film
Józef Tykociński -Tykociner führte den ersten Tonfilm in den USA – also Bild und (optische) Lichtton-Spur auf demselben Filmstreifen und damit zwangssynchron – bei einer Konferenz im damaligen elektrotechnischen Institut in Urbana (Illinois) auf, bei dem seine Frau Helena zu sehen und zu hören ist.
Die 1. Premiere des ersten deutschen Tonfilms erfolgte mit „Ich küsse Ihre Hand, Madame“, des österreichischen Regisseurs Robert Land, der am 17. Januar 1929 in Berlin Premiere feierte.

Marlene Dietrich präsentierte in „Ich küsse Ihre Hand, Madame“ einen neuen Frauentyp (imago/Prod.DB)
Marlene Dietrich präsentierte in „Ich küsse Ihre Hand, Madame“ einen neuen Frauentyp (imago/Prod.DB)

Einer bis dahin unbekannten Schauspielerin Marlene Dietrich gelang nach der Premiere der große Durchbruch. Seit in den USA „The Jazz Singer“ (Der Jazzsänger) für Furore sorgte, stand die Kinobranche auch in Deutschland Kopf. The Jazz Singer ist ein Filmdrama von Alan Crosland mit Al Jolson in der Hauptrolle aus dem Jahre 1927. Er gilt als der erste Tonfilm in Spielfilmqualität überhaupt. wurde ein großer kommerzieller Erfolg und ebnete so den Weg für den Tonfilm. Das Drama wurde von dem Filmstudio Warner Bros. produziert.

Filmplakat zum Tonfilm „The Jazz Singer“
Filmplakat zum Tonfilm „The Jazz Singer“

Weitere Stumm- und Tonfilme der 20er Jahre.

DAS CABINET DES DR. CALIGARI
DE (1920), Horrorfilm, Monsterfilm von Robert Wiene mit Conrad Veidt und Rudolf Klein-Rogge

NOSFERATU, EINE SYMPHONIE DES GRAUENS

METROPOLIS ist ein deutscher monumentaler Stummfilm des Expressionismus von Fritz Lang aus dem Jahr 1927. Science-Fiction-Film war einer der teuersten Filme der damaligen Zeit und gilt als eines der bedeutendsten Werke der Filmgeschichte. Von Fritz Lang mit Gustav Fröhlich und Brigitte Helm
DE (1927) Utopie und Dystopie, Sozialdrama

GOLDRAUSCH, US (1925) Komödie, Drama

DIE GROSSE PARADE, wegweisender Kriegsfilm von King Vidor, adaptiert vom gleichnamigen Theaterstück von Joseph Farnham sowie einer Geschichte von Laurence Stallings. Drama von Erich von Stroheim mit Erich von Stroheim und Mae Busch. US (1925) Kriegsfilm, Drama

PANZERKREUZER POTEMKIN, Kriegsfilm von Sergei M. Eisenstein mit Aleksandr Antonov und Vladimir Barsky. RU (1925), Kriegsfilm, Drama

DIE BÜCHSE DER PANDORA, Drama von Georg Wilhelm Pabst mit Louise Brooks und Fritz Kortner. DE (1929) Drama, Kriminalfilm

LOHNTAG, Komödie von Charlie Chaplin mit Charlie Chaplin und Phyllis Allen. US (1922) Komödie

DER VAGABUND UND DAS KIND, Komödie von Charlie Chaplin und Charles Reisner mit Charlie Chaplin und Edna Purviance US (1921) Komödie, Drama

DER MANN DER LACHT, Horrorfilm von Paul Leni mit Mary Philbin und Conrad Veidt. US (1928) Horrorfilm, Melodram

12c Die Arbeitswelt in den 20er bis 30er Jahren
Die mit Abstand größte soziale Gruppe waren Arbeiter und Arbeiterinnen mit 46,9 %. Hinzu kamen 6 % Berufslose. (1925)

Land- und Ziegeleiarbeiter

Landarbeiter
Ziegeleiarbeiter

Bauarbeiter

Bauarbeiter
Bauarbeiter

Fabrikarbeiter

Fabrikarbeiter
Fabrikarbeiter
Fabrikarbeiter


12d Unterhaltungsmusik in den 20ern
Unterhaltungsmusik, Schlager; In den 20ern wandelte sich auch der Schlager. Die Lieder waren inspiriert vom Dadaismus und zeugten von Humor.
Eine der bekanntesten Gruppen waren die Comedian Harmonists. (Mein kleiner grüner Kaktus) Die A-Capella-Band wurde nur von einem Klavier begleitet und gab eine heitere Mischung aus Songs zum Besten.
Eine andere Seite des Schlagers zeigte sich in den frivolen Texten. Diese Lieder spiegelten die freizügige Moral wider, die vor allem in den Nachtclubs herrschte.

Comedian Harmonists
Comedian Harmonists

Unterhaltungsmusik; Jazz, entstand um das Jahr 1915 herum in New Orleans. Während seiner Anfänge war der Jazz eine einzigartige Fusion aus afrikanischer und europäischer Musik:

Jazzkapelle
Jazzkapelle

In den 1920er und 1930er Jahren traten afroamerikanische Jazzmusiker auf, wie Duke Ellington, Cab Calloway, Ella Fitzgerald oder Louis Armstrong. Der Ragtime kann als Vorläufer des eigentlichen Jazz gewertet werden. Ragtime, wörtlich etwa: zerrissener Takt, ist eine komponierte Klaviermusik, die im mittleren Westen der USA gegen 1870 aufkam. Blues, ist eine eigenständige Form schwarzer US-amerikanischer Folklore, die sich nicht ausschließlich auf andere afroamerikanische Musikformen wie Gospel, Negro Spiritual und Worksong (dazu gehören auch das Fieldholler eine überwiegend eine historische Art von Arbeitslied, das von Feldsklaven in den Vereinigten Staaten gesungen wurde, um ihre Arbeit zu begleiten, sich sinnvoll zu verständigen oder Gefühlen Luft zu machen. Es unterscheidet sich vom kollektiven Arbeitslied dadurch, dass es allein gesungen wurde.), zurückführen lässt. Er enthält Elemente afrikanischer, europäischer und karibischer Musik. Der Country Blues war eine seiner frühesten Formen. Blues ist eine vokale und instrumentale Musikform. Ein wichtiges Element sind die in den Melodien verwendeten Blue Notes. Im frühen Blues war die lose Erzählform gängig. Die Texte waren zumeist geprägt durch die Rassendiskriminierung und andere Herausforderungen der Afroamerikaner. In der Frühphase war der Blues nur ein Teil des Repertoires afroamerikanischer Musiker. Er wurde ergänzt durch damals aktuelle Schlager, Ragtime, Country-Songs und zeitgenössische Popmusik.
Als erste Bluesaufnahme eines schwarzen Interpreten gilt That Thing Called Love von Mamie Smith.

12e Tänze
Auch die Tänze wandelten sich, passten sich an die neue Freizügigkeit der Kleidung und das neue Selbstbewusstsein der Frauen an. Es wurde wild und ausgelassen getanzt. Der Fox Trott gehörte zu den Tänzen, die man beherrschen musste, daneben erfreute sich der Tango großer Beliebtheit.
Besonders typisch für die 20er-Jahre waren Tänze mit Hüftschwung. In der amerikanischen Hafenstadt Charleston, in South Carolina, kam ein neuer Tanz auf, der nach dem Ort benannt wurde. Vermutlich erfand die Tänzerin Josephine Baker den Charleston. Auf die Spitze trieb es der Skandaltanz Shimmy.


12f Herren-, Damen-, Kinder-, Bademode und Arbeitsbekleidung

1919 sah man die Männer noch im Gehrock mit Zylinder. Die Herrenmode in den 1920ern war klassisch, dunkel und korrekt. Zu Beginn des Jahrhunderts war die Form des Sakkos recht breit (mit gepolsterten Schultern). Die Brust war verstärkt, um der männlichen Silhouette einen muskulöseren Eindruck zu verleihen. Im Laufe des Jahrhunderts wurde diese Jackenform leger, leicht tailliert und weniger gepolstert. Der Tagesanzug geht auf den Namen des deutschen Reichskanzlers Gustav Stresemann zurück und wird heute noch zu Festlichkeiten getragen. Die Frisuren der Herren waren streng nach hinten gekämmt, häufig mit Seitenscheitel. Die Schuhe wurden leicht und ließen die Stiefel des Weltkrieges hinter sich. Als Smoking- und Abendschuh wurde ein kappenloser Lackschuh, völlig flach und ohne Verzierung getragen.

Stresemannanzug, Schirmmütze, Strohhut, und Knickerbocker, waren die Favoriten für Reiche und den gehobenen Mittelstand.

Damenmode

Neue erfundene Stoffe (z. B. synthetische Fasern) ließen Seidenstrümpfe geschmeidig und weicher werden Fließende Kleider und Topfhüte aber auch Hosenanzüge, trugen reichere Frauen, die dem Mittelstand angehörten. Bei den Accessoires kam es nicht auf den Wert, sondern auf die schockierende Wirkung an. Deshalb war die „endlose“ Zigarettenspitze sehr beliebt. Sie gab den Damen einen leicht mondänen Anstrich. Zur Aufmachung für den Abend gehörten auch Perlenketten, Boas, Stirnbänder und Handtaschen.
Bekleidung für Kinder und Jugendliche.

Bekleidung zur Konfirmation in Barskamp
Bekleidung zur Konfirmation in Barskamp

Frauen- und Männerbadebekleidung

Arbeitsbekleidung auf dem Land, in der Pflege und in der Fabrik

12g Frisuren
als Ausdruck eines neuen und emanzipierten Bildes der Frau gewann der Bob, damals „Garçon-Schnitt“ (dt.: Jungen-Schnitt) genannt, an Aufmerksamkeit. Die Frisuren der Frauen wirkten auf viele aggressiv. Der Bubikopf löste gegen hartnäckigen Widerstand der Elterngeneration die Schnecken mit Haarnadeln ab.

12h Architektur

I.G. Farben – Haus
I.G. Farben – Haus
Shell – Haus
Shell – Haus

Das I.G.-Farben-Haus in Frankfurt wurde von Hans Poelzig entworfen und als Zentralverwaltung für die I.G. Farben von 1928 bis 1931 errichtet. Baustil: Neue Sachlichkeit
Das Shell-Haus ist ein fünf- bis zehngeschossiger Bau am Landwehrkanal im Berliner Ortsteil Tiergarten am heutigen Reichpietschufer 60–62 (1933, Tirpitzufer). Baustil: Moderne Architektur

Einsteinturm, Potsdam, Baujahr 1920-1922, Erich Mendelson, Richard Neutra, Expressionismus
Einsteinturm, Potsdam, Baujahr 1920-1922, Erich Mendelson, Richard Neutra, Expressionismus

Gebäude aus der Bauhauszeit, wurden sowohl als Verwaltungs-, Funktions- und Wohngebäude errichtet, Der Siedlungs- und Reihenhausbau wurde vorangetrieben, auch der Einfamilienhausbau, einschließlich des
Selbsthilfebaus, mit vor Ort gefertigten Ziegeln, Betonträgern usw.

Betonträger werden angefertigt
Betonträger werden angefertigt

Die Bauten wurden standardisiert, so dass Fenster und Türen und andere Bauteile immer passten.

Einige Beispiele:

Hufeisensiedlung in Berlin
Hufeisensiedlung in Berlin
Einfamilienhäuser (Meisterhäuser in Dessau)
Einfamilienhäuser (Meisterhäuser in Dessau)
Meisterhäuser in Dessau
Meisterhäuser in Dessau
Haus am Horn, Weimar (im Rohbau, es wurde danach verputzt)
Haus am Horn, Weimar (im Rohbau, es wurde danach verputzt)

Die Hufeisensiedlung im Berliner Ortsteil Britz des Bezirks Neukölln ist eine Siedlung des sozialen Wohnungsbaus, die zwischen 1925 und 1933 gebaut wurde. Seit 2008 ist sie UNESCO-Welterbe.
Sie entstand nach Plänen des Architekten Bruno Taut, des Architekten und späteren Berliner Stadtbaurats Martin Wagner sowie des Gartenarchitekten Leberecht Migge. Sie ist eines der ersten Projekte des sozialen Wohnungsbaues und gilt als eine Ikone des modernen Städtebaus und des Neuen Bauens. Siedlung Meisterhäuser Dessau, Architekt: Walter Gropius
Baujahr: 1925-1926. Die Meisterhäuser sollten als Muster für modernes Wohnen dienen. Die Lebensvorgänge innerhalb des Hauses, nach modernen Ansprüchen organisiert sein. Auch der Bauprozess folgte dem Prinzip des rationalen Bauens, sodass die Gebäude nach dem Baukastenprinzip mit industriell vorgefertigten Teilen entstanden.
Motto: „Vereinfachung durch Multiplizierung“.
1996 wurden Meisterhäuser zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt. Man begann mit der Restaurierung und Rekonstruktion, die im April 2019 fertig gestellt wurde.
Haus am Horn, nach dem Entwurf von Georg Muche Bauhaus Weimar.

Arbeiter wohnten eher in Mietkasernen der Gründerzeit, meist im Seitenflügel oder in den Hinterhäusern in beengten und schäbigen Verhältnissen, mit Aussenklo. An der Straßenfront befanden sich häufig kleinere Läden, im Vorderhaus wohnte der Mittelstand. Ärzte, Staatsbeamte, höhere Angestellte, Freiberufler, mit ihren Bediensteten.

12i Innenraumgestaltung
… wie z.B. Möbel der Bauhaus-Schule, die zwischen 1919 und 1933 in Deutschland existierte. Sie zeichnen sich durch ihre funktionalen Designs, zurückhaltende Ästhetik und den Einsatz von modernen Materialien wie Stahlrohr und Glas aus. Ihre Formen sind meistens einfach und geometrisch.


12j Mal- und Plakatkunst

Gebrauchsgeschirr sowie figürliche Darstellungen aus Porzellan und Bronze waren in den 20ern modern,
sie kamen aus den verschiedensten Manufakturen und Kennzeichnen den Stil des Art Deco.


Großskulpturen und Reliefs

Arno Breker
Arno Breker
Joachim Karsch
Joachim Karsch
Milly Steger
Milly Steger

Breker ließ sich von den Nazis vereinnahmen, Karsch nicht.

12k Fahrzeugbau
Fahrräder, Motorräder, PKWs und LKWs wurden immer häufiger gefahren, die Internationale Industrie reagierte darauf, veranstaltete Ausstellungen und Messen.


Eine unaufhaltsame Motorisierung in den zwanziger Jahren förderte die Entwicklung immer leistungsstärkerer Automobile und Rennwagen nach aerodynamischen Gesichtspunkten. Mit ihren Technik- und Sicherheitsmaßstäben genossen deutsche Autos weltweit einen hervorragenden Ruf. Auf der Rennstrecke der Opel-Werke in Rüsselsheim wurde im April 1928 das erste von Pulverraketen angetriebene Fahrzeug getestet. Vorbild für die spätere Entwicklung von Trägerraketen war bereits 1925 die erste automatische Flüssigkeitsrakete, deren Fortentwicklung Anfang der dreißiger Jahre vor allem Wernher Freiherr von Braun betrieb. Als Verkehrsmittel der Zukunft galten Flugzeuge und Flugschiffe. Hugo Eckeners erfolgreiche Weltfahrt mit dem Luftschiff „Graf Zeppelin“ 1929 wurde in Deutschland als Beweis technischer Leistungsfähigkeit gefeiert.
Im selben Jahr starteten mit dem vom deutschen Flugzeugkonstrukteur Claude Dornier (1884-1969) gebaute zwölf-motorigen Flugboote Dorniers DO-X, das größte Flugzeug der Welt zu seinem Jungfernflug.

Dorniers DO-X
Dorniers DO-X

Einer der ersten Mähdrescher von John Deere, die noch teilweise von Pferden gezogen wurden, sowie ein Traktor (Lanz Bulldog). Auf dem Land hielten Traktoren und immer mehr Landmaschinen Einzug in das tägliche Leben das Leben auf dem Land wurde dadurch leichter.


Eisenbahn;
Ab Mitte der 1920er Jahre entwickelte sich die Reichsbahn zu einem technisch wie wirtschaftlich fortschrittlichen Unternehmen. Entwicklungen wie die Einheitsdampflokomotiven, die Einführung schneller Dieseltriebwagen

Quelle, Bundesarchiv, Bild 102-14151 / CC-BY-SA 3.0
Fliegender Hamburger, Der Schnelltriebwagen vor seiner ersten Probefahrt nach Hamburg auf dem Lehrter Bahnhof in Berlin – Quelle, Bundesarchiv, Bild 102-14151 / CC-BY-SA 3.0

(Fliegender Hamburger) oder der Bau der Berliner S-Bahn fanden weltweit Anerkennung und Nachahmung. Auch das Straßenbahnnetz wurde in den 1920er Jahren stetig ausgebaut. In Berlin wurden die Gleise der U-Bahn ebenfalls verlängert. Die Omnibus-Linien in Berlin wurden verachtfacht.

12l Kriminalpolizei, Mordkommission
Auch bei den Ermittlungen der Kriminalpolizei wurden Fortschritte erzielt, das ist in erster Linie Ernst Gennat zu verdanken.

Ernst Gennat, in einem Zeitungsartikel von 1931
Ernst Gennat, in einem Zeitungsartikel von 1931

Ernst August Ferdinand Gennat war ein Beamter der Berliner Kriminalpolizei, zuletzt im Rang eines Regierungs- und Kriminalrats. Er war einer der begabtesten und erfolgreichsten Kriminalisten Deutschlands. Schon zu Lebzeiten Legende und Original gleichermaßen, entsprach er nicht dem klassischen Klischee des engstirnigen preußischen Beamten.
Im Jahr 1904 war Gennat in den preußischen Polizeidienst eingetreten. Am 30. Mai 1905 legte der Kriminalanwärter die Prüfung zum Kriminalkommissar ab.
In der Zeit der Weimarer Republik (1919–1933) bildete die Kriminalpolizei den Kern der Abteilung IV des Berliner Polizeipräsidiums.
Erst durch Gennats Bemühungen wurde aus dem Mordbereitschaftsdienst eine organisatorisch fest eingerichtete „Zentrale Mordinspektion“ in der Inspektion A, die am 1. Januar 1926 offiziell ihre Arbeit aufnahm und deren Leitung er übernahm.
Gewaltanwendung bei Vernehmungen und (polizeirechtlichen) Befragungen lehnte er ab.
Zu Weltruhm gelangte auch die von Gennat geschaffene „Zentralkartei für Mordsachen“ oder „Todesermittlungskartei“.
Gennat verblieb auch nach der nationalsozialistischen Machtergreifung auf seinem Posten. Er verfolgte nicht aufgeklärten Tötungsdelikten an Berliner Polizisten durch Angehörige der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD).
Als liberaler Demokrat war Gennat für seine Kollegen die Personifizierung des klassischen Kriminalisten: undogmatisch, unbestechlich und immer bereit, die persönlichen Rechte des Einzelnen zu schützen.

12m Wissenschaft, Naturwissenschaften
Neubeginn nach Kriegsende
Im Ersten Weltkrieg hatte sich die große Mehrheit der Wissenschaftler und Gelehrten vorbehaltlos für die Kriegsziele des Deutschen Reichs ausgesprochen und sich in den Dienst deutscher Großmachtbestrebungen gestellt. Die Universitäten waren wie im Kaiserreich Hochburgen des Antisemitismus. Nationalismus und Verachtung der Weimarer Republik. Die Freiheit von Wissenschaft und Lehre wurde in der Weimarer Verfassung garantiert.
Durch die Nutzung zu Kriegszwecken war im Deutschen Reich eine bisher nicht gekannte Zentralisierung der Forschungs- und Wissenschaftsplanung entstanden. Der Staat trat dabei als Auftraggeber und Finanzier auch nichtstaatlicher Institutionen auf. 1918 erhielten auch Frauen die Zulassung zum Hochschullehrerberuf.
Mit bedeutenden Leistungen in den Bereichen der Naturwissenschaften und Technik gewannen deutsche Wissenschaftler nach dem Ersten Weltkrieg verlorenes internationales Prestige mühsam zurück. Von den zwischen 1919 und 1933 verliehenen 36 naturwissenschaftlichen Nobelpreisen ging jeder dritte an einen Forscher aus Deutschland.

Max Planck
Max Planck

Das Verhältnis der Forschungsstätten zum Weimarer Staat war ambivalent.
Mit erstaunlicher Einmütigkeit teilten die politischen und wissenschaftlichen Eliten im Reich die Auffassung, die Wissenschaft könne Ausgangspunkt für die Wiedergewinnung internationalen Ansehens sein und als Ersatz für verlorene politische Macht dienen. Durch staatliche Fördermittel gelang eine schnelle Überwindung der Nachkriegskrise. Albert Einstein, Nobelpreisträger von 1921 für seine Forschungen auf dem Gebiet der theoretischen Physik, lag als Pazifist nationales Prestigedenken fern. Von zahlreichen Kollegen wie Max von Laue, Max Planck und Werner Heisenberg für seine Relativitätstheorie als „Jahrhundertgenie“ gefeiert, sah sich Einstein zusammen mit anderen namhaften Wissenschaftlern wie Max Born oder Fritz Haber aufgrund ihrer jüdischen Abstammung vehementen Anfeindungen ausgesetzt.
Die Ausweitung staatlicher und privater Forschungsinitiativen in den zwanziger Jahren erstreckte sich auf nahezu sämtliche wissenschaftlichen Teilgebiete. Bahnbrechende Erkenntnisse in der Seuchenbekämpfung und der Virusforschung lieferte das Reichsgesundheitsamt ebenso wie die Biologische Reichsanstalt für Land- und Forstwirtschaft in den Bereichen des Pflanzenschutzes und der Schädlingsbekämpfung.

Albert Einstein auf dem Weg zur Vorlesung, 1920
Albert Einstein auf dem Weg zur Vorlesung, 1920

12n Medizin
Neue Perspektiven in der medizinischen Behandlung eröffnete 1918 die Therapie mit Höhensonnen und UV-Strahlen zur Prophylaxe und Kurierung der „Armutskrankheit“ Rachitis. Ebenfalls eine Pionierleistung in der Medizin war 1924 die Aufzeichnung von Hirnströmen durch den Jenaer Psychiater Hans Berger (1873-1941), die eine Diagnose krankhafter Gehirnveränderungen ermöglichte. Die Entschlüsselung der Stoffwechsel in Tumoren durch den späteren Medizin-Nobelpreisträger Otto Heinrich Warburg (1883-1970) in der Abteilung für Zellforschung der Berliner Charité bedeutete 1926 einen Meilenstein in der Krebstherapie. Fünf Jahre später gelangen dem Physiker Ernst Ruska (1906-1988), Nobelpreisträger von 1986, erfolgreiche Tests mit einem Elektronenmikroskop, das durch zwölftausendfache Vergrößerung von Organismen Medizinern neue Forschungserkenntnisse erlaubte.
Ein wesentliches Element als Produktionsfaktor im ökonomischen Wettbewerb war die chemische Wissenschaft. Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg des 1925 gegründeten weltgrößten Chemiekonzerns IG-Farben, einer Firmenfusion von Bayer, BASF und Hoechst und anderen mit insgesamt rund 40.000 Patenten, waren die Forschungsarbeiten der Nobelpreisträger Carl Bosch und Gerhard Domagk (1895-1964).
Von der Sozialforschung erwartete die durch Kriegserlebnisse, Alltagsprobleme sowie durch politische und kulturelle Veränderungen geprägte Gesellschaft eine Orientierung. Politisch aufgewertet und nicht mehr in die traditionellen Geisteswissenschaften wie die Philosophie eingebettet, erhielt die Soziologie eigene Lehrstühle an den Universitäten.

Magnus Hirschfeld stammte aus einer jüdischen Familie (* 14. Mai 1868 in Kolberg, Preußen; † 14. Mai 1935 in Nizza, Frankreich) war ein deutscher Arzt und Sexualwissenschaftler. Im Ersten Weltkrieg arbeitete Hirschfeld unter anderem als Arzt für Kriegsgefangene im Auftrag des Roten Kreuzes.
Magnus Hirschfeld

Ernst Ferdinand Sauerbruch (* 3. Juli 1875 in Barmen, † 2. Juli 1951 in Berlin) war ein deutscher Chirurg und Sanitätsoffizier. Er war Generalarzt, Staatsrat, Geheimrat, Hochschullehrer und einer der bedeutendsten und einflussreichsten Chirurgen des 20. Jahrhunderts. Bekannt wurde er unter anderem als Pionier der neuzeitlichen Thoraxchirurgie und der 1904 in Breslau entwickelten Unterdruckkammer sowie die Entwicklung einer künstlichen Hand. Während des „Dritten Reiches“ (1933–1945) erwies sich der bis dahin politisch nicht aktive Sauerbruch. als „schwankender, differenzierender Bejaher“ des Nationalsozialismus und zu Hitler.
Bundesarchiv, Bild 183-R45871 / CC-BY-SA 3.0

Else Weil, Ärztin, (* 19. Juni 1889 in Berlin; † 11. September 1942 im KZ Auschwitz-Birkenau) war eine deutsche Ärztin und die erste Ehefrau von Kurt Tucholsky. Aufgrund ihrer jüdischen Herkunft wurde sie im KZ Auschwitz ermordet.

Karl Ludwig Bonhoeffer (* 31. März 1868 in Neresheim, Königreich Württemberg; † 4. Dezember 1948 in Berlin), Psychiater und Neurologe, Geheimer Medizinalrat, Ordinarius für Psychiatrie und Neurologie an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, Direktor der Klinik für psychische und Nervenkrankheiten der Charité in Berlin.
Karl Bonhoeffer verlor seine Söhne Dietrich Bonhoeffer und Klaus Bonhoeffer sowie seine Schwiegersöhne Hans von Dohnanyi und Rüdiger Schleicher, die durch die NS-Justiz hingerichtet wurden.

Magnus Hirschfeld stammte aus einer jüdischen Familie (* 14. Mai 1868 in Kolberg, Preußen; † 14. Mai 1935 in Nizza, Frankreich) war ein deutscher Arzt und Sexualwissenschaftler. Im Ersten Weltkrieg arbeitete Hirschfeld unter anderem als Arzt für Kriegsgefangene im Auftrag des Roten Kreuzes.
Als Arzt, vermittelte er, dass Homosexualität keine Krankheit ist.
Er blieb auch später das Ziel nationalsozialistischer Hetzkampagnen, besonders im Stürmer, und seine Vorträge wurden zunehmend von Schlägertrupps gestört.

Aufmarsch von NS-Studenten vor dem Institut für Sexualwissenschaft unmittelbar vor dessen Plünderung und Zerstörung am 6. Mai 1933
Aufmarsch von NS-Studenten vor dem Institut für Sexualwissenschaft unmittelbar vor dessen Plünderung und Zerstörung am 6. Mai 1933

Hirschfeld verfasste zwischen 1933 und 1934 eine Analyse und Widerlegung der nationalsozialistischen Rassendoktrin.
Die Mehrheit der Studenten und Professoren lehnte die Republik und ihrer demokratischen Ordnung ab. Nur etwa jeder zehnte Hochschullehrer rechnete sich ideologisch dem „Weimarer Kreis“ zu, einer offenen Gruppe republiktreuer Professoren. Den angehenden Akademikern wurde von ihnen nicht nur eine wissenschaftliche Fachausbildung, sondern auch eine geistig-kulturelle, zumeist nationalistisch, antiliberal geprägte Weltanschauung vermittelt.
Vom Studium ausgeschlossen waren in der Regel Angehörige der Unter- und Mittelschichten. Zwar riefen die Universitäten aufgrund der sozialen Lage zu Beginn der zwanziger Jahre Studentenwerke mit allgemein zugänglichen Mensen und Wohnheimen ins Leben, Studieren war jedoch ein Luxus für Söhne und zunehmend auch Töchter aus gutsituierten Bürgerfamilien. Betrug der Anteil von Studentinnen in den Universitäten 1921 lediglich 9,5 Prozent, erhöhte er sich zehn Jahre später auf 18,9 Prozent. Im selben Zeitraum stieg die Anzahl der Studierenden von ca. 90.000 auf 104.000. Viele von ihnen sympathisierten mit dem am 26. Januar 1926 auf Befehl von Adolf Hitler gegründeten Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (NSDStB), einer Studierendenunterorganisation der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP). Bei Studentenschaftswahlen verzeichnete der NSDStB spektakuläre Erfolge. 1931 erreichte er an 28 Hochschulen die absolute Mehrheit. Unter Führung Baldur von Schirach gelang der nationalsozialistischen Studentenbewegung damit bereits zwei Jahre vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten die Durchdringung der deutschen Universitäten und der künftigen akademischen Führungselite.

12o Barskamp
Nach dem 1. Weltkrieg sah das Leben in Barskamp völlig anders aus und hatte nichts mit dem mondänen Großstadtleben gemein, es wurde Geselligkeit in Vereinen oder Gaststätten, gepflegt.

In Barskamp wurde 1921 der Schützenverein gegründet, zuerst als Kleinkaliber-Sportverein. Die Mitgliederzahl stieg stetig an. 1931 wurde der Beschluss gefasst, einen offenen Schießstand am Heidberg zu bauen. Auf dem 50 Meter und später sogar 100 Meter, mit Großkaliber zu schießen.

Bild, v.l.- H. Stelter, H. Muhs, R. Schäfer, H. Steinhauer, P. Rieckens, H. Muhs sen. G. Muhs, W. Wenk, H. Wenk, beim Ausschaufeln des Schießgrabens
Bild, v.l.- H. Stelter, H. Muhs, R. Schäfer, H. Steinhauer, P. Rieckens, H. Muhs sen. G. Muhs, W. Wenk, H. Wenk, beim Ausschaufeln des Schießgrabens

Bereits 1909 wurde der MGV am 15. Oktober neugegründet.
Schon vorher gab es einen Gemischten Chor von 1898, der seine Singeabende jedoch wegen der geringen Mitgliederzahl einstellen musste.
Folgende Mitglieder waren bei dieser Neugründung dabei:
Fabel, Heinrich, jun., Steinhauer, Carl, Lühr, Heinrich, Lühr, Hermann, Muhs, Hermann, Löffler, August, Lindloff, Heinrich, v. Rautenkranz, Karl, Wallier Gustav, Wenk, Gustav, Wenk, Willi, Wenk, Heinrich, Meyer, Heinrich, Schmolke, Fritz, Wiese, Wilhelm, Findorf, Wilhelm, Wöhlke, Fritz
Der neugewählte Vorstand setzte sich wie folgt zusammen:

1. Vorsitzender Heinrich Meyer, Schriftführer Heinrich Fabel,
2. Vorsitzender, Heinrich Wenk, Kassierer, Fritz Schmolke, Schneidermeister
Als Chorleiter bot sich der Hauptlehrer und Organist Gustav Wallier an.
Der MGV erlebte danach eine seiner Blütezeiten, denn bis zum Jahr 1911 wurden noch folgende Mitglieder aufgenommen: Riekens, Fritz Johannsen, Heinrich Winterhof, Adolf BarteIs, Ludwig, Burmester Heinrich, Schulz Heinrich, Hagemann Wilhelm, Sauke Friedrich.
1917/18 wurden die Singeabende wieder seltener, der Kriegsverlauf des 1. Weltkriegs führte dazu, dass das Singen vollends zum Erliegen kam. Der Mitte 1919 lebte das Vereinsleben wieder auf, nachdem man festgestellt hatte das nur Gemeinsam schwere Zeiten überwinden kann.
1922 legte Heinrich Fabel das Amt des 1. Vorsitzenden nieder. Als sein Nachfolger wurde Adolf Winterhof ernannt. Für den Schriftführer, Friedrich Sauke, der nach Bleckede versetzt wurde, wählte die Versammlung den Kaufmann Heinrich Menzdorf.
Im Jahre 1923 kam ein neues Bauernstück zur Aufführung. Es war ein „plattdeutsches Stück“ vom gleichen Verfasser wie die Dörpswies und trug den Titel „De Snee'( (die Flurgrenze). Dieses Stück wurde neben Barskamp auch in Dahlenburg aufgeführt.

Dörpswies, die Laienschauspieler
Dörpswies, die Laienschauspieler

Aus gesundheitlichen Gründen konnte der Kassierer Fritz Schmolke sein Amt nicht mehr ausführen. Sein Nachfolger wurde Heinrich Römstedt.
Zur Tradition wurde seit damals das Weihnachtsvergnügen des Männergesangvereins, welches heute noch immer wieder stattfindet. Als besonders erwähnenswert ist noch, dass bei diesen Weihnachtsbällen der Chor stets einige Weihnachtslieder vorgetragen hat. Eine besondere Geldeinnahme gab es dabei auch noch durch die sogenannte Tannenbaumverlosung.
Es gab einige Neuaufnahmen im Verein. Aber auch alte Sänger haben teils aus gesundheitlichen
Gründen den Verein verlassen. Im Jahre 1926 verlässt der Kaufmann Heinrich Menzdorf, Barskamp. Sein Nachfolger als Schriftführer wird Fritz Labuhn.
Eine sehr erfolgreiche Vereinsepoche unter der Leitung des Chorleiters Gustav Wallier findet im Jahre 1927 ihr Ende. Wegen seiner Pensionierung zog der so erfolgreiche Chorleiter, inzwischen zum Kantor ernannte Gustav Wallier, von Barskamp fort.
Im gleichen Jahr wurde der Musik- bzw. Kapellmeister Heinrich Sager aus Alt Garge, später Bleckede, als neuer Chorleiter verpflichtet. Durch seine Anregungen wurde das bei uns so beliebte und begehrte Sängerkränzchen eingeführt. Grund dafür waren die Klagen einiger Sänger, welche wegen organisatorischer Arbeiten und Verpflichtungen beim Weihnachtsball wenig Zeit zum Feiern hatte. Sein Vorschlag war, dank der vollen Einnahmen aus den Weihnachtsvergnügen, einen gemütlichen Abend mit Frauen und Gästen an einem folgenden Wochenende einzuführen. Er erklärte sich dazu bereit, preiswerte Musik zu liefern. Die Besetzung waren oft ein Pianist und ein Geiger, welches zur damaligen Zeit bei kleinen Gesellschaftsfeiern sehr modern war.
Im Januar 1928 wurde das erste „Sängerkränzchen“ gestartet. Jeder Sänger hat seine weiteren Familienmitglieder eingeladen. Die Frauen trugen lange Kleider, die Männer dunkle Anzüge. Es war schon eine recht festliche Aufmachung.
Der Abend wurde mit einer Polonäse eröffnet. Zur Unterhaltung neben Tanz und Musik wurden von einigen Sängern Einakter oder kleine Sketsche vorgeführt. Dieses erste Kränzchen fand ganz großen Anklang, und so wurde auch gleich der Beschluss gefasst, dieses Kränzchen in jedem Jahr im Januar zu feiern. Von Jahr zu Jahr wurde dieses Sängerkränzchen weiter in den Darbietungen gesteigert. Der Zuspruch wurde auch immer größer, so dass streng darauf geachtet werden musste, dass nur geladene Gäste Einlass bekamen, um den
Charakter der geschlossenen Gesellschaft nicht aufzugeben. Einige Namen, die in jedem Jahr zur Gestaltung beigetragen haben, seien hier noch kurz erwähnt: Adolf Winterhof, Friedrich Sauke, Hermann Lühr, Fritz Wöhlke.
Im Jahre 1929 hat der Chorleiter Heinrich Sager seine Musikkapelle derart vergrößert, dass er sein Amt als Chorleiter nicht mehr ausführen konnte. Die Verbindung zum MGV blieb aber durch seine Tanzkapelle weiter erhalten. Neuer Chorleiter wurde Lehrer Ernst Schmidt, der die Organistenstelle des Kantors Wallier innehatte. Lange Jahre bis zu Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde der Chor unter seiner Leitung zur vollsten Zufriedenheit geführt.
Im Jahre 1933, dem Jahr der Machtübernahme der NSDAP, versuchte die Partei Einfluss auch auf unseren MGV zu bekommen. Sänger, die nicht linientreu waren, sollten auch kein Amt ausführen. So wurde auch unser Vorsitzender Adolf Winterhof durch den Haumeister Hermann Seil ersetzt. Eine Zwangspause der Singabende wurde uns durch die NSDAP auferlegt, als im Jahr 1939 der Krieg ausbrach und der Chorleiter Ernst Schmidt auch bald zum Kriegsdienst eingezogen wurde.

Anhang 13

Hyperinflation 1922
Auf die hohen Reparationsforderungen und die Industriedemontagen im Ruhrgebiet versuchte die deutsche Reichsregierung mit einem Generalstreik zu reagieren, der mit ständig nachgedrucktem Geld unterstützt werden sollte.
Das heizte die Inflation zu einer Hyperinflation an, die große Teile der Bevölkerung in Not und Elend stürzte. Sie war vor allem dadurch zustande gekommen, dass den Kriegsanleihen, mit denen das Kaiserreich vorher den Krieg finanziert hatte, durch die militärische Niederlage keine Sachwerte gegenüberstanden. Während und nach der Inflation geriet das Reich in eine zunehmende Abhängigkeit von ausländischen Krediten, besonders US-amerikanischen. Die von den USA ausgehende Weltwirtschaftskrise traf das Deutsche Reich extrem hart, da seine Volkswirtschaft stärker als andere mit der US-Wirtschaft verwoben war.
Als die Reichsregierung im Herbst 1922 um die Stundung von Reparationszahlungen bat und auch mit den Lieferungen von Kohle und Holz in Verzug kam, besetzten französische und belgische Truppen am 11. Januar 1923 das Ruhrgebiet, um die Lieferung von Kohle und Eisen zu erzwingen. Der daraufhin von der deutschen Regierung ausgerufene „passive Widerstand“ zerrüttete Wirtschaft und Staatsfinanzen und trieb die Geldentwertung in eine kaum vorstellbare Dimension. Hatte der Wechselkurs der Mark zum US-Dollar im Dezember 1922 noch bei 8000 gelegen, stieg er bis zum April 1923 auf 20000 an und erreichte Anfang August die schwindelerregende Marke von einer Million. Danach sank der Wert der Reichsmark ins Bodenlose.
Die deutsche Inflation von 1914 bis November 1925 war eine der radikalsten Geldentwertungen in großen Industrienationen. Der enorme Wertverlust des Geldes führte dazu, dass auch die Schulden des Staats weniger Wert wurden, also schneller beglichen werden konnten. Die Vorgeschichte dieser Hyperinflation findet sich in der Finanzierung des Ersten Weltkrieges.
Vor allem die sozial Schwachen, Soldatenwitwen, Rentner oder Kriegsinvaliden, waren der Hyperinflation, die ihre ohnehin kärglichen Renten radikal dezimierte, ohnmächtig ausgeliefert. Hingegen minimierte die Hyperinflation ebenso alle Geldschulden. Alle antisemitischen Ressentiments gegen angeblich jüdische Geschäftemacher und Spekulanten wurden wieder virulent. Bürgerliche Grundsätze wie: „Gutes Geld für gute Arbeit“ oder „Sparen heißt das Alter sichern“ zerstoben im Wirbel der Hyperinflation, die eben nicht nur die materiellen Sparvermögen vernichtete, sondern auch den Glauben an die Gültigkeit der immateriellen Werte bürgerlicher Gesellschaft.

Erstausgabestelle von Rentenmarknoten in der Oberwallstraße in Berlin am 15. November 1923
Erstausgabestelle von Rentenmarknoten in der Oberwallstraße in Berlin am 15. November 1923
1 Rentenpfennig von 1923
1 Rentenpfennig von 1923
10 Rentenpfennig von 1924
10 Rentenpfennig von 1924
Rentenbankschein“ von 1937
Rentenbankschein“ von 1937

Rentenbankschein“ von 1937
Die Rentenmark war von 1923 bis 1948 eine grundschuldgestützte Übergangswährung in der Weimarer Republik, dem NS-Staat und im besetzten Nachkriegsdeutschland.
Die deutsche Inflation 1914 bis 1923 hatte sukzessiv alle nicht in Kurantmünzen gehaltenen, auf Mark lautenden Geldrücklagen fast vollständig wertlos werden lassen. Zwar war die Mark 1871 als goldgedeckte Währung des Deutschen Reichs eingeführt worden, 1914 war die Golddeckung jedoch aufgehoben worden; aus der „Goldmark“ wurde die Papiermark. Die Geldentwertung der Mark ging in ihrer Endphase in eine Hyperinflation über und lähmte zunehmend das wirtschaftliche Leben. Ab Herbst 1923 weigerten sich landwirtschaftliche und industrielle Produzenten zunehmend, Waren gegen die immer schneller wertlos werdende Papiermark abzugeben. In einigen Teilen Deutschlands kam es zu Aufruhr und Plünderungen.
Im Sommer 1923 wurde mit sogenanntem „wertstabilem Papiernotgeld“ – auch Schatzanweisung genannt – mit aufgedrucktem „Goldmark“- und „Golddollar“- Bezug versucht, die Inflation einzudämmen. Dieser Versuch scheiterte jedoch.
Auf Grundlage der Verordnung über die Errichtung der Deutschen Rentenbank vom 15. Oktober 1923 wurde im Oktober 1923 die Deutsche Rentenbank gegründet. Zu Gunsten der Deutschen Rentenbank wurden Immobilien von Landwirtschaft, Industrie und Gewerbe zwangsweise mit Hypotheken und Grundschulden belegt. Diese Sachwerte hatten unter der Hyperinflation nicht gelitten. Die Gesamtsumme der Hypotheken und Grundschulden belief sich auf über 3,2 Milliarden Mark in Gold („Goldmark“). Im Gegenwert der Immobilien gab die Deutsche Rentenbank zu verzinsende Rentenbankbriefe über 500 Goldmark oder ein Vielfaches davon aus.
Die Deutsche Rentenbank gab erste neue Banknoten mit dem Datum 1. November 1923 heraus. Ab dem 15. November die neuen Rentenpfennig-Münzen mit der Jahreszahl 1923 an die Bevölkerung parallel zu den umlaufenden hohen Milliarden- und Billionen-Papiermark-Nominalen sowie den in geringerer Anzahl kursierenden wertbeständigen Notgeldbanknoten heraus. Maßgeblichen Einfluss auf die Einführung hatten Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht und Reichskanzler Gustav Stresemann. Der Wechselkurs zur Papiermark wurde mit 1:1 Billion festgesetzt, und zwar genau am 20. November 1923 per Festlegung durch die Reichsbank, als der Devisenkurs 4,2 Billionen Papiermark = 1 US-Dollar war, was der Vorkriegs-Goldmarkparität zum Golddollar entsprach. Da die Rentenmark kein gesetzliches Zahlungsmittel war, bestand kein rechtlicher Zwang, sie als Zahlungsmittel anzunehmen (wohl aber mussten alle öffentlichen Kassen sie annehmen).Trotzdem wurde sie von der Bevölkerung sofort akzeptiert. Die Inflation stoppte deshalb schlagartig; man sprach vom Wunder der Rentenmark.
Zur Akzeptanz trug stark die „Deckung“ der provisorischen Rentenmark durch Grund und Boden bei. Dies war aber eine reine Fiktion; die Rentenmark blieb ausschließlich deshalb wertstabil, weil sie knappgehalten wurde.
Am 30. August 1924 wurde die Reichsmark zusätzlich zur Rentenmark eingeführt. Sie galt zur Rentenmark im Verhältnis 1:1.
Ab November 1923 wurden die ersten Rentenmarkscheine und Rentenpfennigmünzen in Umlauf gebracht. Für den praktischen Erfolg der Rentenmark waren, neben dem Anhalten der Banknoten-Duckerpresse, das Vertrauen des Volkes sowie ein anfänglich ausgeglichener Staatshaushalt maßgeblich.
Im Gegensatz zur inflationszerrütteten Papiermark wurde der Rentenmark in der breiten Bevölkerung großes Vertrauen entgegengebracht. Die wichtigste Eigenschaft der Rentenmark war nicht die Tatsache, dass sie (auf eher theoretische Weise) an Grund und Boden gekoppelt war, sondern dass ihr Gesamtvolumen strikt begrenzt war: Rentenmarkscheine wurden im Wert von 2,4 Milliarden Reichsmark (damals 600 Millionen Dollar) ausgegeben, trotz politischen Drucks weigerte sich Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht, die Menge nachträglich zu erhöhen. Das Ziel war es, Geld in Deutschland wieder knapp und somit wertvoll zu machen. Die Rentenmark war von 1923 bis 1948 eine grundschuldgestützte Übergangswährung in der Weimarer Republik, dem NS-Staat und im besetzten Nachkriegsdeutschland.
Am 15.11.1923 wurde die Rentenmark eingeführt. Die Umstellung von der „Mark“ (M) auf die „Rentenmark“ (RM) im November 1923 mit einem Kurs von 1.000.000.000.000 M : 1 RM (1 Billion Mark zu 1 Rentenmark) beendete die Deutsche Inflation 1914 bis 1923, die durch die Finanzierung des Ersten Weltkriegs durch Verkauf von Kriegsanleihen an die eigene Staatsbevölkerung, Das alte Geld wurde entwertet. Viele Menschen verloren ihr gesamtes angespartes Vermögen und wurden zu erbitterten Feinden der Weimarer Republik.

©Jochen Wenk, Fotografie eines Geldscheins über Fünfzig Milliarden Mark in der Hyperinflation
©Jochen Wenk, Fotografie eines Geldscheins über Fünfzig Milliarden Mark in der Hyperinflation

Gutscheine des Fleckens Bleckede über 50Pf und 25Pf in den 1920er Jahren, Stadtarchiv Bleckede.

Allerdings führte die schwierige wirtschaftliche Situation auch zu Armut und politischem Chaos.
Erst im November 1923 gelang es dem neuen Reichskanzler Gustav Stresemann von der rechtsliberalen Deutschen Volkspartei (DVP), mit einer einschneidenden Währungsreform die Hyperinflation zu stoppen und wieder die Stabilität des Geldwertes zu erreichen.
Die relative Stabilisierung der Weimarer Republik nach dem Ende der großen Inflation endete mit den wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen. Der Abzug von kurzfristigen Krediten amerikanischer Investoren, die einen zwischenzeitlichen Aufschwung gespeist hatten, trug zu der einsetzenden Wirtschaftsdepression wesentlich bei: stockender Warenabsatz, rückläufige Produktion, Massenentlassungen und -arbeitslosigkeit samt schwindender Kaufkraft bewirkten eine Abwärtsspirale ungekannten Ausmaßes, der die im Aufbau befindlichen sozialen Sicherungssysteme nicht gewachsen waren. Da es seit März 1930 keine von der Reichstagsmehrheit getragene Regierung mehr gab, regierten Reichspräsident Hindenburg und die von ihm ernannten Reichskanzler von da an vor allem mit Hilfe von Notverordnungen. Die Reichstagswahlen 1930 zeitigten den Aufstieg der rechtsradikalen NSDAP zu einer bedeutenden Kraft im Weimarer Parteienspektrum.

Anhang 14

Hitlerputsch
Das Jahr 1923 gilt als Krisenjahr für die Weimarer Republik.
Wegen der Ruhrkrise und der Hyperinflation drohte die Weimarer Republik im Chaos zu versinken. Der Hitlerputsch oder auch Hitler-Ludendorff-Putsch, war der gescheiterter Putschversuch der NSDAP unter Adolf Hitler (Führer der NSDAP) und Erich Ludendorff, General und ehemaliger Stabschef der Obersten Heeresleitung im dem Ersten Weltkrieg, sowie Anführer des völkischen Spektrums. Der Hitlerputsch startete am 8.11.1923 und dauerte bis zum 9.11.1923 an.
Der Putsch war ein am 8. und 9. November 1923 unternommener, gescheiterter Versuch sowohl die Regierung Bayerns als auch des Deutschen Reich zu stürzen. Mit erwarteter Hilfe aus der rechtskonservativen bayerischen Landesregierung und Verwaltung sollte nach dem Vorbild Mussolinis die Reichsregierung in Berlin gestürzt werden. Auf die sozialistische bayerische Regierung Eisner und die Münchner Räterepublik hatten die „vaterländischen und nationalistischen“ Gruppen mit dem zunehmend radikaler formulierten Wunsch nach „Ordnung“ und mit deutlich verstärkten antidemokratischen Tendenzen reagiert. München entwickelte sich zu einer Hochburg der Rechten; hinzu kamen separatistische Bestrebungen. Die 1918 als Nachfolgeorganisation des bayerischen Zentrums gegründete Bayerische Volkspartei (BVP) behielt sich schon 1919 eine Abtrennung Bayerns vom Reich vor. Zum Ausbruch des Konflikts kam es, als der neue Reichskanzler Gustav Stresemann im September 1923 den „passiven Widerstand“ der Regierung des vorherigen Reichskanzlers Wilhelm Cuno gegen die Ruhrbesetzung abbrach.

By Bundesarchiv, Bild 102-00199 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5478747 Paramlitärische Einheit trainiert für den Hitlerputsch
By Bundesarchiv, Bild 102-00199 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5478747 Paramlitärische Einheit trainiert für den Hitlerputsch

Unterstützt wurde Hitler in seinem Unterfangen von Erich Ludendorff, dem Hitler und Ludendorff gründeten im September 1923 den „Deutschen Kampfbund“. Der Kampfbund wollte eine nationale Diktatur erreichen und die alte Weltmachtstellung Deutschlands zurückgewinnen.
Das Ziel des Umsturzversuchs war die Machtergreifung der NSDAP in Bayern sowie die Beseitigung der parlamentarischen Demokratie in ganz Deutschland und die Errichtung einer nationalsozialistischen Diktatur. Im Bürgerbräukeller in München erklärte Hitler die Regierungen des Deutschen Reichs und Bayerns für abgesetzt und sich selbst zum Reichskanzler. Am 08. November 1923 störten Hitler und die Anhänger der NSDAP abends eine Veranstaltung des Generalstaatskommissars Gustav von Kahr im Münchner Bürgerbräukeller. Etwa 30 Minuten nach Beginn betrat Hitler in Begleitung des SA-Kommandeurs Hermann Göring sowie weiterer Nationalsozialisten vom Vestibül aus den Saal, stieg auf einen Stuhl, feuerte mit einer Pistole in die Decke, erlangte Aufmerksamkeit, warnte, das Versammlungslokal sei von der SA umstellt, und verkündete, die „nationale Revolution“ sei ausgebrochen. Er bat das Triumvirat – Kahr, Lossow, Seißer – und den mittlerweile herbeigeholten General der Infanterie und ehemaligen ersten Generalquartiermeister Erich Ludendorff in einen Nebenraum, während Göring eine Rede hielt. Unterdessen brachte Hitler Kahr, Lossow und Seißer – nach späteren Aussagen mittels Erpressung – auf seine Seite. Die Putschisten setzten die beiden übrigen im Bürgerbräukeller anwesenden Mitglieder des Kabinetts währenddessen im Saal fest. Hitlers Ziel war ein sofortiger Aufstand, wozu das Triumvirat ihm seine Unterstützung zusagte. Zurück im Saal, baten die drei die Anwesenden, Hitlers Staatsstreich zu unterstützen. Die Bayerische Landesregierung unter Gustav von Kahr wird von Putschisten gefangengenommen. Kahr geht zum Schein auf die Putschisten ein, warnt jedoch heimlich die Regierung in Berlin vor dem bevorstehenden Putsch.
Ministerpräsident Eugen von Knilling, Justizminister Franz Gürtner, Innenminister Franz Schweyer, Landwirtschaftsminister Johannes Wutzlhofer, der Münchner Polizeipräsident Karl Mantel und weitere hochrangige Politiker wurden von 30 bewaffneten SA-Männern unter der Leitung von Rudolf Heß als Geiseln genommen und über Nacht im Privathaus des NS-Unterstützers Julius Friedrich Lehmann im Süden der Stadt festgehalten.
Als am Abend des 8. November der Putsch im Bürgerbräukeller bekannt wurde, formierten sich in anderen Münchner Gaststätten Antisemiten und Putschistenbefürworter, die zum Bavariaring zogen, um in dem dortigen Wohnviertel Juden ausfindig zu machen. Bei Geschäften und in der Münchner Hauptsynagoge wurden am selben Abend Scheiben eingeschlagen.
Inzwischen besetzte nach 22 Uhr Ernst Röhm, vom Löwenbräukeller kommend, mit einem Sonderkommando das Wehrkreiskommando VII, den Amtssitz Lossows in der Schönfeldstraße. Die dortige Wache leistete keinen Widerstand, als Röhm erklärte, er habe den Auftrag, eine Ehrenwache für Ludendorff und Lossow bereitzustellen. Im Wehrkreiskommando fanden sich allmählich zusammen: Hitler, Ludendorff, Röhm, Ernst Pöhner, Hermann Kriebel und Friedrich Weber. Von Otto von Lossow nahmen die Verschwörer an, dass er in der Kaserne des 19. (Bayerisches) Infanterie-Regiment (Reichswehr) (Hitlers Einheit bei der Reichswehr, Loth-/Infantriestraße) sei und dorthin seine Befehlsstelle des Wehrkreiskommandos verlegt habe. Lossow war in der Telegrafenstelle im selben Gebäude mit den Verschwörern und beorderte regierungstreue Truppen nach München.
Der inzwischen von dem Putsch benachrichtigte stellvertretende Ministerpräsident Franz Matt setzte sich noch am Abend mit einem Rumpfkabinett vorsorglich nach Regensburg ab, um die legitime Regierungsgewalt zu sichern. Noch in München erließ er einen an die Bevölkerung gerichteten Aufruf gegen den „Preußen Ludendorff“. Dieser Aufruf soll nach damaligen Zeitungsberichten wesentlich zur Überwindung des Putschversuches beigetragen haben.
Um 2:55 Uhr nachts widerrief Gustav von Kahr, inzwischen in Kenntnis von der Abreise Franz Matts, im Rundfunk seine Zusage. Er erklärte die ihm, Lossow und Seißer „mit vorgehaltener Pistole abgepressten Erklärungen“ für null und nichtig sowie die NSDAP und die Bünde Oberland und Reichskriegsflagge für aufgelöst. Oberamtmann Wilhelm Frick wurde als Erster festgenommen.
Es folgt die Besetzung des Bürgerbräukellers, die Versammlung wird von bewaffneten Nationalsozialisten gestürmt beteiligt sind SA (Schlägertruppe der NSDAP) und rechte Freikorps.
Die NSDAP veröffentlichte einen Artikel in ihrer Parteizeitung, dem „Völkischen Beobachter“, der versuchte, Lesende gegen Reichspräsident Friedrich Ebert und den Chef der Heeresleitung, Hans von Seeckt anzustacheln. Der Reichswehrminister Otto Geßler wollte daher den „Völkischen Beobachters“ verbieten.
Der stellvertretende Ministerpräsident konnte fliehen und so die Niederschlagung des Putsches koordinieren. Der Marsch nach Berlin konnte durch polizeiliche Gewalt gestoppt werden.
Reichspräsident Friedrich Ebert verhängt Ausnahmezustand über ganz Deutschland er übertrug noch in der Nacht vom 8. zum 9. November 1923 die vollziehende Gewalt im Reich von Reichswehrminister Geßler auf den Chef der Heeresleitung General von Seeckt – ersetzte also den „zivilen“ durch einen militärischen Ausnahmezustand.
Besonders das bayerische München war, wie die Erfahrung währende der Räterepublik (Versuch einer sozialistischen Räterepublik) gezeigt hatte, offen für rechte Propaganda und völkisch-nationalistische Strömungen. Die bayerischen Koalitionsregierungen waren innenpolitisch rechtskonservativ und die bayerische Tradition war reichsfeindlich. Deshalb plante Adolf Hitler, der Parteivorsitzende der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei Deutschland (NSDAP), von dort aus seinen Putschversuch gegen die Regierung.
Vom Bürgerbräukeller in München aus soll ein Putsch starten, der erst München unter seine Kontrolle bringt und dann die ganze Republik.
Die Putschisten marschieren unter Führung von Hitler und Ludendorff vom Bürgerbräukeller los. Darauf machten sie sich zum Marsch auf die Münchner Feldherrnhalle auf. Hitler wollte die Regierungsgewalt einnehmen.
Um die Bevölkerung auf ihre Seite zu ziehen und damit Polizei und Reichswehr doch noch dazu zu bewegen, die Putschisten zu unterstützen, schlug Ludendorff vor, einen Propagandazug vom Bürgerbräukeller durch die Münchner Innenstadt zum Wehrkreiskommando zu unternehmen.

By Bundesarchiv, Bild 146-1973-026-43 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5418951 SA-Einheit während des Hitlerputsches
By Bundesarchiv, Bild 146-1973-026-43 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5418951 SA-Einheit während des Hitlerputsches

Am Morgen des 09. November 1923 wurde Hitler klar, dass der Putschversuch gescheitert war. An der Feldherrnhalle wurde der Marsch durch die bayerische Polizei gewaltsam aufgelöst, kommt es zu einem Schusswechsel mit der bayerischen Polizei, 14 Putschisten, 4 Polizisten und 1 Passant sterben Hitler schaffte es, mit Hilfe eines Sanitätsautos und leichten Verletzungen zu fliehen, versteckte sich in Uffing am Staffelsee im Landhaus von Ernst Hanfstaengl, wurde aber wenig später am 11. November 1923 von der Polizei gefasst.

Wie kam es zum Umsturzversuch?
Die Deutschen hatten den Ersten Weltkrieg verloren und Deutschland wurde die alleinige Verantwortung für den Ersten Weltkrieg und die entstandenen Schäden sowie die Kriegsschuld zugewiesen. Im Versailler Vertrag wurde festgehalten, dass Deutschland als Entschädigung sogenannte Reparationszahlungen an die Siegermächte aus dem Ersten Weltkrieg leisten.
Die Hyperinflation infolge des Versailler Vertrages bzw. der Reparationszahlungen sowie der Besetzung des Ruhrgebiets durch Frankreich und Belgien. 1922 konnte Deutschland die Summe, die der Versailler Vertrag vorgab, nicht einhalten. Nicht einmal, als die Siegermächte Deutschland zugestanden, die Reparationen durch Sachgegenstände wie Kohle und Telegrafenmasten zu zahlen, konnte das wirtschaftlich schwache Deutschland die Reparationen aufbringen. In der Folge besetzte Frankreich das Ruhrgebiet. Das Ruhrgebiet war damals das industrielle Zentrum Deutschlands. Die Deutschen hatten Angst, dass Frankreich die gesamte Region vereinnahmen würde. Neben dem bloßen Gebiet hätte das Deutschland auch wegen der Industrie noch tiefer in die wirtschaftliche Krise gestürzt. Aus Protest folgten die Arbeitenden im Ruhrgebiet dem Aufruf der deutschen Regierung unter Reichskanzler Wilhelm Cuno am 13. Januar 1923 in den „passiven Widerstand“ zu gehen. Im Zuge des Streiks hörten sie auf zu arbeiten und gehorchten den französischen Befehlen nicht mehr. Folgen des Ruhrstreiks
Durch den Ruhrstreik verlangsamte und stoppte die Produktion im Ruhrgebiet. Das führte zu einer Wirtschaftskrise in Deutschland, denn ohne die Produktion, waren keine Güter vorhanden, mit denen gehandelt werden konnte. Außerdem erhielten die Streikenden keinen Lohn, was Unruhe und Unzufriedenheit unter ihnen auslöste. Die deutsche Regierung sah sich im Zugzwang, die Löhne zu bezahlen und druckte kurzerhand das fehlende Geld. So mündete die Ruhrkrise in der Hyperinflation. Das Ende der Ruhrkämpfe im September 1923 zog in Bayern die Verhängung des Ausnahmezustands nach sich, weil die bayerische Regierung Angst hatte, umgestürzt zu werden. Die Landesregierung überlegte auch, mit Waffengewalt Druck auf die Reichsregierung auszuüben. Diesen „Verrat“ nahm die bayerische Regierung unter dem BVP-Ministerpräsidenten Eugen Ritter von Knilling zum Anlass, um von der „bayerischen Ordnungszelle“ aus auf eine „nationale Diktatur“ in Berlin hinzuarbeiten und gegen die französische Politik an Rhein und Ruhr vorzugehen.
Der ehemalige rechtskonservative Ministerpräsident Gustav Ritter von Kahr wurde zum Generalstaatskommissar ernannt. Von Kahr besaß in dieser Rolle außerordentliche Exekutivvollmachten, konnte also dem Militär Befehle erteilen. Er sprach sich offen gegen die Demokratie und die Reichsregierung aus.
Nach Ende des passiven Widerstandes wird in Bayern eine Art Diktatur unter Gustav von Kahr errichtet Die Folgen des Putsches und seine Nachwirkungen sollen entscheidend für den weiteren Aufstieg Hitlers und der NSDAP werden.
Die NSDAP wird in ganz Deutschland verboten.
Im Frühjahr 1924 mussten sich Hitler und Ludendorff wegen Hochverrat vor dem Münchner Gericht verantworten. Ludendorff wurde wegen seiner Erfolge im Ersten Weltkrieg direkt freigesprochen und freigelassen. Hitler nutzte sein rhetorisches Talent, um sich im Prozess als Ankläger darzustellen und wies die Anklage geschickt von sich.
Eigentlich hätte der gebürtige Österreicher Hitler nach Paragraf 9 des Republikschutzgesetzes als verurteilter Ausländer Deutschland verlassen müssen. Das Gericht sympathisiert jedoch mit den Putschisten und erließ enorm milde Strafen. Doch weil Hitler „rein vaterländischen Geist und edelsten Willen“ hätte, verurteilte das Gericht ihn lediglich zu fünf Jahren Festungshaft in Landsberg. Bereits Ende 1924 wurde Hitler wegen guter Führung wieder freigelassen.
In seiner Haft schrieb Hitler, unterstützt von seinen Zellengenossen, Teile seines ersten Buches „Mein Kampf“.

By Bundesarchiv, Bild 102-00344 / Heinrich Hoffmann / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5478828 Hitler & Ludendorff posieren mit den restlichen Anführern des Putsches vor dem Gerichtsgebäude
By Bundesarchiv, Bild 102-00344 / Heinrich Hoffmann / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5478828 Hitler & Ludendorff posieren mit den restlichen Anführern des Putsches vor dem Gerichtsgebäude

Nach dem Putsch stellt sich als Hitler Anführer der völkischen Bewegung dar, verdrängt Ludendorff aus seiner Führungsrolle und wird dadurch deutschlandweit bekannt
Der Hitlerputsch war nicht der erste Putschversuch in der Weimarer Republik. Hitler plante bereits länger einen Putsch, da er von der Weimarer Regierung nicht überzeugt war.
Hitler zog aus dem Putschversuch die Lehre, von nun an mit legalen oder scheinbar legalen Mitteln die Macht im Staat gewinnen zu wollen. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurde der 9. November zum »Tag der nationalen Erhebung« hochstilisiert.

Das Staatsministerium war die oberste und leitende Behörde des Landes; es bestand aus dem Ministerpräsidenten und den Staatsministern (Art. 7). Zwar war es kollegial organisiert, aber der Ministerpräsident hatte die politische Richtlinienkompetenz (Art. 46). Der Ministerpräsident wurde vom Landtag gewählt. Nach einer Änderung der Geschäftsordnung war dazu ab 1932 die absolute Mehrheit notwendig. Der Ministerpräsident ernannte die übrigen Minister (Art. 45).
Nicht in der Verfassung festgelegt waren die Ressorts; diese ergaben sich aus den Erfordernissen der Praxis. Nach dem Übergang der Verantwortung an das Reich gab es seit 1919 keinen preußischen Kriegsminister mehr. Auch der Minister der öffentlichen Arbeiten verlor mit der Gründung der Reichsbahn seinen wichtigsten Aufgabenbereich. Das Ministerium wurde 1921 aufgelöst. Bereits in der provisorischen Regierung wurde das Amt eines Wohlfahrtsministers neu geschaffen. Daneben existierten außer dem Amt des Ministerpräsidenten die Ministerien des Inneren, der Finanzen, der Justiz, der Landwirtschaft und das Handelsministerium. Das Ministerium der geistlichen-, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten wurde 1918 in Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung umbenannt.
Nach dem Preußenschlag wurde das Wohlfahrtsministerium in der alten Form aufgelöst. Seither war der Handelsminister zugleich Minister für Wirtschaft und Arbeit. Das Justizministerium wurde nach dem Gesetz zur Überleitung der Rechtspflege auf das Reich 1935 aufgelöst.
Die Verfassung bestimmte die Bildung eines Staatsrates als Vertretung der Provinzen. Die Mitglieder wurden von den Provinziallandtagen gewählt, und sie durften nicht gleichzeitig Mitglied des Landtags sein. Das Organ musste von der Regierung über die Staatsangelegenheiten unterrichtet werden. Dazu konnte der Staatsrat seine Ansichten äußern. Er hatte aber auch das Recht zur Gesetzesinitiative. Gegen Gesetze des Landtages konnte er Widerspruch einlegen. Diesen konnte der Landtag, von Ausnahmen abgesehen, mit einer Zweidrittelmehrheit zurückweisen oder einen Volksentscheid anberaumen. Vorsitzender des Staatsrates war bis 1933 der Kölner Bürgermeister Konrad Adenauer.
In der Verfassung vorgesehen waren mit dem Volksbegehren und dem Volksentscheid auch Elemente der plebiszitären Demokratie.
Im Gegensatz zum Reich und zu anderen Ländern in der Weimarer Republik gab es keinen Staatspräsidenten. Das Fehlen einer über der Regierung und der Parlamentsmehrheit stehenden Institution unterschied Preußen deutlich vom Reich. Insgesamt war die Stellung des Landtags in der Verfassung stark. Aber ein besonderes Kennzeichen war die durch seine Richtlinienkompetenz herausgehobene Stellung des Ministerpräsidenten. Insbesondere Ministerpräsident Braun erkannte dies klar und setzte die Richtlinienkompetenz zielgerichtet ein.
Die Weimarer Verfassung im Reich, die am 11. August 1919 beschlossen wurde, und die neue preußische Verfassung veränderten die Beziehung zwischen Reich und Preußen nachhaltig. Die Exekutive auf Reichsebene war nach der Revolution völlig unabhängig von der Preußens. Die Personalunion zwischen Reichskanzler und Ministerpräsident gehörte der Vergangenheit an. Die große Bedeutung der Ländersteuern ging zu Gunsten einer zentralen Steuerverwaltung zurück. Das Reich hatte nunmehr die Steuerhoheit und verteilte die Einkünfte an die Bundesstaaten. Auch ein Großteil der Sozialverwaltung wurde Reichssache. Das Militär war nun allein Sache des Reiches, und Preußen schaffte konsequenterweise das Amt des Kriegsministers ab. Auch die preußische Eisenbahn ging mit der Bildung der Reichsbahn in die Verantwortung des Reiches über. Dasselbe galt für die Wasserstraßen.
Im Reichsrat verfügte Preußen trotz seiner Größe nur über zwei Fünftel der Stimmen. Abweichend vom früheren Bundesrat und abweichend von den anderen Ländern wurde nur die Hälfte der Preußen zustehenden Mitglieder im Bundesrat von der preußischen Regierung bestimmt. Die übrigen Mitglieder wurden von den Provinziallandtagen gewählt. Druck auf die preußische Politik übten vor allem äußere Faktoren aus. Nach dem Londoner Ultimatum vom 5. Mai 1921 wurden Teile des Ruhrgebiets von alliierten Truppen besetzt. Die Ermordung von Matthias Erzberger (26. August 1921) erschütterte die Republikaner. Die SPD machte im September 1921 auf ihrem Görlitzer Parteitag den Weg zu einer Koalition mit der DVP frei.
Nachdem die SPD im Oktober 1921 der Regierung die Unterstützung entzogen hatte, weil sie dem Staatsministerium vorwarf, zur DNVP hin zu tendieren, begannen Verhandlungen zur Bildung einer Großen Koalition. Am 5. November 1921 traten SPD und DVP in das Kabinett ein, und Stegerwald trat zurück.
Die Widerstände in der SPD-Fraktion waren groß. In ihr stimmten 46 Abgeordnete für und 41 gegen die Bildung einer Großen Koalition. Auch in der DVP gab es erhebliche Vorbehalte. Letztlich stimmten 197 von 339 anwesenden Abgeordneten für den Kandidaten Braun. Severing wurde erneut Innenminister, Wilhelm Siering Handelsminister, die Zentrumsabgeordneten Hugo am Zehnhoff und Heinrich Hirtsiefer wurden Justizminister beziehungsweise Wohlfahrtsminister. Hugo Wendorff (DDP) wurde Landwirtschaftsminister. Ernst von Richter und Otto Boelitz (beide DVP) wurden Finanz- beziehungsweise Kultusminister.
Die Große Koalition in Preußen erwies sich in den folgenden Jahren als Faktor der Stabilität und trug insbesondere dazu bei, dass die Weimarer Republik das Krisenjahr 1923 überstehen konnte.
Die Koalition beanspruchte nicht weniger als eine „preußische Mission“ für ganz Deutschland und positionierte sich mit der „demokratischen Sendung Preußens“ eindeutig. Dies galt insbesondere nach dem Mord an Walther Rathenau. Das Reichsgesetz „Gesetz zum Schutz der Republik“ wurde von der preußischen Regierung ausdrücklich unterstützt. Auf Basis des Republikschutzgesetzes verbot Innenminister Severing am 15. November 1922 die NSDAP in Preußen.
Zwischen 1921 und 1925 wurde die Verwaltung der Staatsbetriebe ausgegliedert. Für die Verwaltung der staatlichen Bergwerke, Salinen und Hütten wurde 1923 die Preußische Bergwerks- und Hütten AG (Preussag) gegründet.
Ausgestattet war die AG mit einem Kapital von 100 Millionen Reichsmark im Jahr 1928. Die Aktien blieben im Besitz des Staates. Neben der Förderung von Erzen und Braunkohle betrieb das Unternehmen Wasserversorgungsanlagen und Erdölförderung in Norddeutschland.
Zur Stromerzeugung wurde 1927 vom Staat die „Preußische Elektrizitäts-Aktiengesellschaft“ (Preußenelektra) mit einem Kapital von 80 Millionen Reichsmark gegründet.
Beide Staatsunternehmen wurden 1929 in der Holding-Gesellschaft der „Vereinigten Elektrizitäts- und Bergwerks-AG“ (VEBA) vereinigt.
Die Reform des Schul- und Bildungswesens, anfänglich vorangetrieben von Kultusminister Carl Heinrich Becker. Dazu gehörte die Akademisierung der Volksschulbildung. Ziel war es unter anderem, das Bildungsgefälle zwischen Stadt und Land abzubauen.
Nach der Reichsverfassung sollten die Volksschullehrer denen der höheren Schulen angepasst werden. Die Ausgestaltung blieb allerdings Ländersache. Einige Länder wie Thüringen und Sachsen führten ein Lehrerstudium an Universitäten beziehungsweise technischen Universitäten ein. Andere wie Bayern und Württemberg behielten die alte Seminarlösung bei. In Preußen wurde seit 1924 eine Mittellösung mit den konfessionell geprägten pädagogischen Akademien mit einer kürzeren Ausbildungsdauer als in einem regulären Hochschulstudium eingeführt. Einen Aufschwung erlebte in Preußen die Förderung des zweiten Bildungsweges insbesondere für begabte Arbeiter und Angestellte. Im Jahr 1928 gab es 102 Aufbauschulen mit 13.000 Schülern. Als Unterstützung von minderbemittelten Bildungswilligen beschloss eine breite Mehrheit erstmals 1928 die Einführung von Erziehungsbeihilfen in Höhe von 20.000 Reichsmark.

Adolph Hoffmann (1911)
Adolph Hoffmann (1911)

Es gelang eine relativ starke Identifizierung der katholischen Bevölkerung mit dem neuen Preußen. Der Höhepunkt und ein Symbol dafür war das am 14. Juni 1929 unterzeichnete Konkordat Preußens mit dem Vatikan.
Geregelt wurden auch die staatlichen Zuwendungen an die Kirche. Schulfragen wurden ausgeklammert, aber die akademische Ausbildung der Geistlichen geregelt. Von verschiedener Seite gab es gegen das Konkordat Widerstand. Die evangelische Kirche, unterstützt von DNVP und DVP, sah darin eine Stärkung der katholischen Konfession. Auch die Freidenker in der SPD lehnten die Vereinbarung ab.
Ein Kirchenvertrag mit den evangelischen Landeskirchen in Preußen kam erst 1931 zu Stande
Die preußischen Beamten hatten während der Revolution erklärt, dass ihre Loyalität nicht der Monarchie, sondern dem preußischen Staat gelte. Die Regierung und insbesondere der Innenminister Heine verzichteten anfangs weitgehend auf den Umbau der Staatsverwaltung im Sinne der Republik. Der neue Innenminister Carl Severing führte nach dem Kapp-Putsches eine grundlegende Reform durch. Republikfeindliche höhere Beamte wurden entlassen, und bei Neueinstellungen wurde die politische Zuverlässigkeit überprüft. Insgesamt wurden etwa hundert höhere Beamte in den Ruhestand geschickt.
Durch diese Maßnahmen kam es zu einem beachtlichen Elitewechsel an den Behördenspitzen. Allerdings gab es auch weiterhin Defizite. Eine weitere Grenze war, dass es nicht gelang, das Juristenmonopol für die höheren Beamtenstellen aufzubrechen. Nur in Ausnahmefällen wie etwa im Fall des Berliner Polizeipräsidenten Wilhelm Richter wurden Außenseiter ernannt.
Die preußische Polizei war nicht nur die stärkste im ganzen Reich, sondern sie war auch das wichtigste Instrument der Exekutive der preußischen Regierung zur Aufrechterhaltung der verfassungsmäßigen Ordnung. Auch im Bereich der Polizei begannen nach dem Kapp-Putsch massive Umstrukturierungen zur Sicherstellung ihrer Loyalität gegenüber der Republik. Unter der Verantwortung des Innenministers war der republikanisch gesinnte Polizeichef Wilhelm Abegg die entscheidende Persönlichkeit für die Durchführung der Reform. Auch in diesem Bereich kam es zu einem Elitewechsel an der Spitze. Am Ende der 1920er-Jahre waren alle führenden Polizeibeamten Republikaner. Ein Großteil der Polizisten waren ehemalige Berufssoldaten; ein Großteil war konservativ und antikommunistisch, und einige unterhielten Beziehungen zu rechtsgerichteten Organisationen. Für diese standen die Feinde noch immer links.
Eine wichtige Veränderung der Organisation war die Schaffung der Schutzpolizei, als eines Instrumentes zum Schutz von Verfassung und Republik.
Im Bereich der Justiz blieben auch später die Reformen beschränkt. Viele Richter blieben Anhänger der Monarchie. So urteilte die Justiz in politischen Strafprozessen gegenüber linken Straftätern härter als gegenüber rechten Extremisten. Die Autonomie der Richter war ausdrücklich in der Verfassung verankert worden. Dadurch war eine grundlegende Republikanisierung der Justiz unmöglich geworden.
Das Ende des Ruhrkampfes war eine Voraussetzung zur Durchführung einer Währungsreform. Das besetzte Rheinland blieb allerdings davon ausgeschlossen. Dadurch erhielten die Separatisten Auftrieb. In verschiedenen Städten kam es zur Ausrufung einer Republik.
Zu Beginn des Jahres 1924 mehrten sich die Anzeichen dafür, dass die Gemeinsamkeiten der Großen Koalition verbraucht waren.
Die DVP forderte am 5. Januar die Beteiligung auch der DNVP an der Regierung und den Rücktritt von Braun. Dieser lehnte ab; daraufhin zog die DVP ihre Minister aus der Regierung ab. Dies bedeutete das Ende der Koalition.
Danach begann eine ähnlich schwierige Regierungsbildung wie schon 1920. Am 10. Februar wurde der ehemalige Reichskanzler Wilhelm Marx (Zentrum), gestützt auf Zentrum, DDP und SPD, zum Ministerpräsidenten gewählt. Er bildete ein Kabinett aus Zentrum und DDP, dem allerdings auch Severing als Innenminister weiter angehörte. Nach einer verlorenen Vertrauensabstimmung trat Marx zurück, blieb aber geschäftsführend im Amt.
Die Regierungsbildung verzögerte sich, weil die beiden möglichen Kandidaten Marx und Braun bei der Reichspräsidentenwahl 1925 auch für das Amt des Reichspräsidenten kandidierten. Nachdem Marx beim zweiten Wahlgang als Präsidentschaftskandidat von SPD, Zentrum und DDP nominiert worden war, blieb in Preußen Braun als aussichtsreicher Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten übrig. Dieser wurde am 3. April 1925 mit 216 von 430 Stimmen gewählt. Das neue Kabinett war zwar eine Minderheitsregierung, erwies sich aber als erstaunlich stabil.
Teilweise mit drastischen Mitteln versuchte die preußische Regierung sich gegen die zunehmende Radikalisierung von links und rechts zu stellen. Im Dezember 1928 hatte der Berliner Polizeipräsident Karl Zörgiebel nach politischen Zusammenstößen zwischen Kommunisten, Nationalsozialisten, aber auch Sozialdemokraten in Berlin ein Verbot aller Demonstrationen und Versammlungen unter freiem Himmel erlassen. Dieses Verbot galt auch für den 1. Mai 1929. Die KPD hielt sich nicht daran und rief zu einer Massendemonstration auf. Es kam zu bürgerkriegsähnlichen Kämpfen zwischen Polizei und kommunistischen Anhängern. Zörgiebel hatte ein hartes Durchgreifen angeordnet und war mit Zustimmung der SPD entschlossen, ein Exempel zu statuieren. Die Kämpfe kosteten 30 Menschenleben, und es gab fast 200 Verletzte. Mehr als 1200 Personen wurden verhaftet. Preußen verbot daraufhin den Rotfrontkämpferbund. Die Vorgänge verstärkten in der KPD die antisozialdemokratische Haltung. Ernst Thälmann nannte den „Sozialfaschismus“ der SPD eine besonders gefährliche Form des Faschismus. Gegen den „Hauptfeind“ SPD sei die Politik der KPD zu richten.


Anhang 15

Blutmai
1929 Ende April 1929 weigerte sich der sozialdemokratische Berliner Polizeipräsident Karl Friedrich Zörgiebel (1878-1961), ein im Dezember 1928 zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit erlassenes Demonstrationsverbot aufzuheben. Auf das Verbot ihrer traditionellen Kundgebungen zum „Tag der Arbeit“ am 1. Mai, der in der Weimarer Republik nie gesetzlicher Feiertag war, reagierte die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) mit einem Aufruf zu einer friedlichen Massendemonstration. Dem Aufruf folgend, versuchten am 1. Mai 1929 tausende Demonstranten von den Berliner Außenbezirken in das Stadtzentrum zu ziehen.
13.000 Polizisten gingen gewaltsam gegen Demonstranten vor. An verschiedenen Stellen der Stadt wurden daraufhin Straßensperren errichtet. In Wedding und Neukölln, zwei traditionellen Arbeiterbezirken, wurde der Ausnahmezustand ausgerufen.
Die drei Tage anhaltenden Unruhen forderten mehr als 30 durch Polizeischüsse getötete, auch unbeteiligte Zivilisten sowie ungefähr 200 Verletzte. Mehr als 1.200 Personen wurden verhaftet. Aus Anlass des sogenannten Blutmais verbot die von der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) geführte preußische Regierung den Roten Frontkämpferbund (RFB). Ihm wurde vorgeworfen, einen kommunistischen Aufstandsversuch unternommen zu haben. Auf Beschluss einer Konferenz der Landesinnenminister vom 10. Mai 1929 galt das Verbot schließlich reichsweit. Die KPD ihrerseits warf der SPD daraufhin Verrat an der Arbeiterbewegung vor und erklärte den Kampf gegen den sozialdemokratischen „Sozialfaschismus“ zu einem Hauptziel ihrer zukünftigen Politik.

Antinationalsozialistischer Aufmarsch der SPD im Berliner Lustgarten 1930
Antinationalsozialistischer Aufmarsch der SPD im Berliner Lustgarten 1930

Auch nach der Bildung des Präsidialkabinetts von Heinrich Brüning und der Reichstagswahl von 1930, die den parlamentarischen Durchbruch der NSDAP bedeutete, arbeitete Preußens Regierung fortgesetzt für Demokratie und Republik.
Das Uniformverbot für die NSDAP wurde ebenso wenig aufgehoben wie die Bestimmung, dass Beamte nicht den verfassungsfeindlichen Parteien KPD und NSDAP angehören durften. Im Zeichen der Krise kehrte Severing im Oktober 1930 wieder in das Amt des Innenministers zurück. Seinen Vorgänger Grzesinski setzte er als Berliner Polizeipräsidenten ein. Braun, Severing und Heilmann unterstützten aus Mangel an politischen Alternativen den Kurs der SPD zur Tolerierung Brünings.
Anders als zur Zeit der Regierung Müller im Reich blockierte Brüning zeitweise die Zusammenarbeit mit Preußen gegen die NSDAP. So wurde im Dezember 1931 die Vollstreckung eines vom Berliner Polizeipräsidenten Grzesinski erlassenen Haftbefehls für Adolf Hitler von der Reichsregierung verhindert. Die preußische Regierung legte der Reichsregierung daraufhin ein umfangreiches Dossier vor, mit dem die verfassungsfeindlichen Aktivitäten der NSDAP nachgewiesen wurden. Die Regierung Braun kündigte daraufhin ein Verbot der SA in Preußen an. Erst auf diesen Druck hin trug auch Brüning das Verbot aller paramilitärischen Einheiten der NSDAP auf Reichsebene mit.
Von Seiten der Nationalsozialisten wurde Preußen als wichtiges strategisches Ziel zur Eroberung der Macht angesehen. Joseph Goebbels schrieb 1930: „Der Schlüssel zur Macht in Deutschland liegt in Preußen. Wer Preußen hat, hat auch das Reich.“
Nach der Reichspräsidentenwahl von 1932, bei der sich Hindenburg, unterstützt von Deutscher Staatspartei, Zentrum und SPD, gegen Hitler und Thälmann durchsetzen konnte, standen in Preußen und anderen Ländern Landtagswahlen an.
Da die Koalitionsparteien angesichts der politischen Radikalisierung von einem schlechten Abschneiden des demokratischen Lagers ausgehen mussten,
kam es auf Betreiben von Ernst Heilmann, dem Vorsitzenden der SPD-Fraktion, zur Änderung der Geschäftsordnung.
Es wurde eine Vorform des konstruktiven Misstrauensvotums eingeführt, um so die Abwahl des Ministerpräsidenten durch eine rein negative Mehrheit zu verhindern. Für die Wahl des Ministerpräsidenten war fortan die absolute Mehrheit nötig.
Tatsächlich waren die Befürchtungen berechtigt. Die SPD sank auf 21,2 % ab. Die DDP (jetzt Deutsche Staatspartei genannt) schrumpfte mit 1,5 % fast zur Bedeutungslosigkeit. Dagegen wuchs die NSDAP von 2,9 % auf 36,2 % an und wurde mit 162 Mandaten stärkste Fraktion.
Die Koalition hatte ihre Mehrheit verloren und kam zusammen nur noch auf 163 Mandate. Allein KPD und NSDAP verfügten nun zusammen mit 219 Mandaten über eine negative Mehrheit.
Die Regierung trat danach zurück, blieb aber bis zur Neuwahl eines neuen Ministerpräsidenten geschäftsführend im Amt. Ähnliche Konstruktionen gab es auch in anderen Ländern.
Symbolisch für den politischen Wandel wurde die Wahl des Nationalsozialisten Hanns Kerrl zum Landtagspräsidenten. Die Suche nach einer neuen mehrheitsfähigen Regierung erwies sich als erfolglos. Verhandlungen gab es etwa zwischen Zentrum und NSDAP. Aber diese auch von Severing und Braun für wahrscheinlich gehaltene Lösung scheiterte. Es gelang aber auch nicht, eine Mehrheit zur erneuten Revision der veränderten Geschäftsordnung zu finden. Damit schien die geschäftsführende Regierung auf unabsehbare Zeit weiterregieren zu können. Vor allem Ernst Heilmann versuchte diese Regierung zu stabilisieren. Er versuchte die KPD zu überzeugen, die geschäftsführende Regierung zu tolerieren. Da diese inzwischen die Sozialfaschismusthese zu Gunsten einer Einheitsfronttaktik abgeschwächt hatte, war dieser Versuch zumindest nicht von vorneherein aussichtslos. Letztlich kam es aber nicht dazu.

Anhang 16
„Preußenschlag“

Franz von Papen war als Reichskanzler verantwortlich für den „Preußenschlag“ (Foto von 1933)
Franz von Papen war als Reichskanzler verantwortlich für den „Preußenschlag“ (Foto von 1933)

Mit dem Preußenschlag (auch als Staatsstreich in Preußen bezeichnet) wurde am 20. Juli 1932 durch eine erste Notverordnung des Reichspräsidenten die geschäftsführende und legale Regierung des Freistaates Preußen durch den Reichskanzler Franz von Papen als Reichskommissar ersetzt. Eine zweite Verordnung vom selben Tag übertrug dem Reichswehrminister die vollziehende Gewalt in Preußen und schränkte die Grundrechte ein.
So ging die Staatsgewalt im von der Preußenkoalition unter dem Sozialdemokraten Otto Braun geführten größten Land des Deutschen Reiches auf die Reichsregierung von Franz von Papen über. Alle zivilgesellschaftlichen wie auch staatlichen Möglichkeiten des Protests oder Widerstands waren durch den Reichspräsidenten Paul von Hindenburg für illegal erklärt worden.
Folgen des Preußenschlages waren die Schwächung der föderalistischen Verfassung der Weimarer Republik und die Erleichterung der späteren Zentralisierung des Reiches unter Adolf Hitler. Hauptergebnis war jedoch die Ausschaltung des letzten möglichen Widerstandes des größten deutschen Staates gegen Papens Politik der Errichtung eines „Neuen Staates“.
Hitlers Weg zur Macht wurde somit entscheidend erleichtert.
Das Kabinett Papen übte im Hintergrund Druck auf die rasche Wahl eines neuen Ministerpräsidenten auf Basis einer Zusammenarbeit von NSDAP und Zentrum aus. Es kam zwar zu Koalitionsverhandlungen; allerdings zeigte sich das Zentrum nicht bereit, einen nationalsozialistischen Ministerpräsidenten zu wählen. Die Reichsregierung drohte am 11. Juni erstmals mit der Einsetzung von Reichskommissaren. Den Anlass bot der so genannte Altonaer Blutsonntag vom 17. Juli 1932. In dem zu Preußen gehörenden Altona war es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der KPD, der NSDAP und Angehörigen der Polizei gekommen. Dies war die Gelegenheit, eine bereits angefertigte, aber noch nicht datierte Notverordnung mit dem Titel „Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Gebiet des Landes Preußen“ am 20. Juli 1932 einzusetzen. Danach wurden die Mitglieder des geschäftsführenden preußischen Staatsministeriums ihrer Ämter enthoben. Papen wurde zum Reichskommissar für Preußen ernannt. Auf die Frage von Papen an Severing, ob er bereit sei, freiwillig seinen Posten zu räumen, antwortete dieser „dass ich bei meiner Auffassung über das Vorgehen der Reichsregierung nicht daran denken kann, freiwillig mein Amt zu verlassen. Ich werde darum nur der Gewalt weichen.“
Über Berlin und die Provinz Brandenburg wurde der Ausnahmezustand verhängt. Die Polizei wurde dem Befehl des Generals Gerd von Rundstedt unterstellt. Hochrangige Polizeiführer wurden verhaftet. Zu einer aktiven Gegenwehr, etwa durch einen Generalstreik durch SPD und Gewerkschaften, kam es nicht. Auch das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold wurde nicht mobilisiert.
In der Folge begannen von Papen und Bracht damit, führende Beamte und andere Führungskräfte, die den Parteien der Regierung Braun nahestanden, von ihren Posten zu entfernen. An ihre Stelle traten meist konservative Beamte. Die geschäftsführende Regierung reagierte noch am Tag des Preußenschlages mit einer Klage vor dem Staatsgerichtshof in Leipzig. Vertreten wurde die Fraktion der SPD im preußischen Landtag von Hermann Heller und die Reichsregierung von Carl Schmitt. Am 25. Oktober 1932 bekam die Staatsregierung insofern Recht, als ihre Aufhebung rechtswidrig gewesen sei. Die geschäftsführende Regierung erhielt das Recht, Preußen vor dem Landtag, dem Staatsrat, dem Reichsrat und den anderen Ländern zu vertreten. Allerdings urteilten die Richter, dass eine „vorübergehende“ Einsetzung von Reichskommissaren verfassungskonform sei. In der Folge hatte Preußen faktisch zwei Regierungen: die Regierung Braun ohne Zugriff auf den Verwaltungsapparat und das Reichskommissariat, das die eigentlichen Machtressourcen kontrollierte. Außenpolitisch konnte Papen bald den Erfolg verbuchen, der Brünings Kurs durchgängig bestimmt hatte: eine dauerhaft entlastende, abschließende Regelung der Reparationszahlungen auf der Konferenz von Lausanne. Danach erweiterte die Regierung den Finanzierungsrahmen für die betriebliche Arbeitsbeschaffung und erlaubte eine drastische Unterschreitung der Tariflöhne in Unternehmen, die Arbeitskräfte einstellten. So wurde das Kabinett Papen im Spätsommer 1932 für die meisten Unternehmer zur Wunschregierung. Bei Lohnempfängern und Arbeitslosen hingegen war die Erbitterung gegen die neue Regierung groß, die vordem bereits die Leistungsdauer der Arbeitslosenversicherung von 20 auf sechs Wochen zurückgenommen hatte und die Arbeitslosen anschließend der Sozialfürsorge überließ, die das Existenzminimum nicht einmal annähernd gewährleistete. Sehr oft konnten Arbeitslose die Wohnungskosten nicht mehr aufbringen; und in vielen Familien wurde auch das Ernährungsminimum deutlich unterschritten. Massenhaft waren 1932 ganze Familien bei der Suche nach Arbeit obdachlos auf der Landstraße unterwegs. Gleichzeitig verlagerte sich auch die politische Auseinandersetzung verstärkt von den entmachteten Parlamenten auf die Straße, wo neben den rechts- und linksextremen Kampfbünden auch die Eiserne Front der Republiktreuen sich zu behaupten suchte. Als im Juni 1932 der ehemalige Zentrumsmann Franz von Papen Reichskanzler wurde, waren Zentrum und DDP nicht mehr im Kabinett vertreten: Ihm gehörten, neben acht Parteilosen, nur noch zwei DNVP-Minister an. Ähnlich stand es mit dem Kabinett Schleichers (Dezember 1932/Januar 1933).
Die 1920 gegründete und maßgeblich von Ernst Röhm geprägte nationalsozialistische „Sturmabteilung“ (SA) begleitete die Versammlungen und Kundgebungen ihrer Partei und begann auch bei anderen Parteiversammlungen immer wieder Straßen- und Saalschlachten, um sich systematisch auf den Tag der „Machtergreifung“ vorzubereiten. Im Zeichen der Straßenaufmärsche und gewaltsamen Auseinandersetzungen insbesondere zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten stand auch der Wahlkampf für die Reichstagswahl vom 31. Juli 1932, die den untereinander verfeindeten Parteien NSDAP und KPD eine in der Summe ablehnende Mehrheit im Reichstag verschafften. Hitler, der sich aufgrund des Wahlergebnisses bereits auf dem Sprung ins Kanzleramt wähnte, wurde allerdings von Hindenburg die Berufung unter Hinweis auf die diktatorische Ausrichtung der NSDAP versagt. Papen, dem der Reichstag nahezu geschlossen das Misstrauen aussprach, verblieb nach erneuter Reichstagsauflösung und der anschließenden Novemberwahl im Amt bis zum 3. Dezember 1932, obwohl diese zweite Reichstagswahl des Jahres 1932, die Reichstagswahl vom 6. November, der NSDAP zwar erhebliche Verluste statt neuerlicher Zuwächse brachte, an der bisherigen Konstellation aber nichts Grundlegendes änderte: So hatte Hitler nach wie vor mit den Kommunisten eine Sperrminorität und stellte sich als Vizekanzler weiterhin nicht zur Verfügung. Doch Papens Plänen, den Staatsnotstand auszurufen und vorerst zwecks ungestörter Durchführung einer autoritären Umgestaltung der Verhältnisse erneute Reichstagswahlen unter Bruch der Verfassung nicht anzusetzen, verweigerte sich Hindenburg am 3. Dezember 1932, möglicherweise beeindruckt vom am Vortag abgelaufenen „Planspiel Ott“.
Als die Reichstagswahl vom 6. November 1932 der NSDAP zwar Verluste statt neuerlicher Zuwächse brachte, an der bisherigen Konstellation aber nichts grundlegend änderte – Hitler stand nach wie vor als Vizekanzler nicht zur Verfügung – bot sich der bis dahin im Hintergrund die Fäden ziehende Reichswehrminister Schleicher mit einem neuen Konzept zur populären Verankerung der Präsidialregierung dem Reichspräsidenten selbst als Kanzler an.
Hindenburg ging angesichts der allseits mangelnden Unterstützung für Papen darauf ein. Schleichers Ansatz zielte parteiübergreifend auf die Gewinnung der Gewerkschaften und der jeweiligen Arbeitnehmerflügel in den Parteien, auf eine „Querfront“ für eine nun stärker auf Arbeitsbeschaffung und Jugendbeschäftigung gerichtete Politik. Auf den Regierungswechsel von Papen zu Schleicher, der eine sozialere Ausrichtung seiner Politik ankündigte, hatte der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund (ADGB) mit Interesse reagiert, denn dadurch schienen sich Möglichkeiten zu eröffnen, die seitens des ADGB seit Ende 1931 entwickelten Pläne zur Arbeitsbeschaffung zur Geltung zu bringen. Bei der SPD war man damit auf Skepsis gestoßen, während Gregor Strasser für die NSDAP schon im Mai 1932 von der „großen antikapitalistischen Sehnsucht“ gesprochen und ein noch weitergehendes Arbeitsbeschaffungsprogramm gefordert hatte, das dann als „Wirtschaftliches Sofortprogramm der NSDAP“ in hohen Auflagen verbreitet wurde. Der Unterstützung durch die christlichen Gewerkschaften ohnehin sicher, setzte Schleicher seine Hoffnungen nun auch auf den gewerkschaftlich orientierten Flügel der NSDAP unter Strasser, dem er am 3. Dezember die Vizekanzlerschaft und zugleich das Amt des preußischen Ministerpräsidenten anbot. Die NSDAP erlitt tags darauf bei den Kommunalwahlen in Thüringen einen starken Stimmenverlust gegenüber den Reichstagswahlen des Jahres, was Strasser in der Meinung bestärkte, dass die NSDAP sich neu orientieren müsse. Trotzdem fügte er sich der Direktive Hitlers, als der sich seinen Vorstellungen energisch widersetzte, nahm Urlaub und legte alle Parteiämter nieder (Strasser-Krise).
Damit war Schleicher im Grunde bereits wenige Tage nach Beginn seiner Kanzlerschaft gescheitert, auch wenn Teile des ADGB eine Annäherung an die Regierung sogar auf Kosten der engen Beziehungen zur SPD weiterhin für wünschenswert hielten. Denn den Sozialdemokraten galt der wendige General als nicht vertrauenswürdig und die Industrieverbände beobachteten argwöhnisch seine Öffnung hin zu den Gewerkschaften. Papen, den er als Botschafter nach Paris hatte wegloben wollen, war Hindenburgs Wunsch folgend in Berlin geblieben und nahm neuerlich Kontakt zu Hitler auf, um Möglichkeiten einer gemeinsamen Regierungsübernahme auszuloten. Schleicher suchte nun seinerseits mit Unterstützung des Kabinetts Hindenburg davon zu überzeugen, dass nur die Ausrufung des Staatsnotstands, die Auflösung des Reichstags und der Aufschub von Reichstagsneuwahlen bis zum Herbst 1933 die Krise der Präsidialregierungen zu beenden geeignet sei. Dies verweigerte ihm Hindenburg aber ebenso, wie er es auf Schleichers Betreiben vordem Papen verweigert hatte.

Die Frage des finanziellen Ausgleichs mit den ehemaligen Herrscherhäusern war prinzipiell Ländersache. In Preußen scheiterten entsprechende Verhandlungen mit den Hohenzollern 1920 an der Ablehnung der SPD-Fraktion im Landtag und 1924 am Einspruch des ehemaligen Königshauses.
Im Jahr 1925 legte das Finanzministerium unter Hermann Höpker-Aschoff einen weiteren Entwurf vor.
Dieser war für die Hohenzollern außerordentlich günstig und löste bei SPD und DDP heftige Kritik aus.
Die DDP brachte daraufhin im Reichstag einen Gesetzentwurf ein, der die Länder ermächtigen sollte, eine Lösung unter Ausschluss des Rechtsweges zu finden. Dies war der Ausgangspunkt für einen politischen Prozess, der zum erfolgreichen Volksbegehren und zum gescheiterten Volksentscheid zur Fürstenenteignung auf Reichsebene von 1926 führte.
Nach dem Scheitern der Regelung auf Reichsebene intensivierte die Regierung Braun die Verhandlungen mit den Hohenzollern über das Vermögen des ehemaligen Königshauses. Am Ende stand ein Kompromiss, der in der SPD ausgesprochen kritisch gesehen wurde. Die Hauptlinie der Hohenzollern erhielt 250.000 Morgen Land und 15 Millionen Reichsmark.
Der preußische Staat bekam ebenfalls 250.000 Morgen, dazu die königlichen Schlösser sowie die Schlösser Bellevue und Babelsberg, Kunstwerke, die Krönungsinsignien, die ehemalige königliche Hausbibliothek, das Archiv und das Theater. Im Parlament reagierten die KPD-Abgeordneten darauf mit Empörung, Tumulten und sogar Gewalttätigkeiten. Die Abstimmung ging zu Gunsten der Vereinbarung aus.
Am 6. Oktober 1926 trat Carl Severing, wie schon länger zuvor mit Braun vereinbart, als Innenminister zurück. Damit war der Ministerpräsident das einzige politische Schwergewicht im Kabinett. Nachfolger Severings wurde Albert Grzesinski (SPD).

Ein Relikt aus der feudalen Vergangenheit waren in Preußen die Gutsbezirke. Ihre Bewohner hatten kein kommunales Wohnrecht und waren noch immer der Polizeigewalt der Gutsherren unterstellt. Vorbereitet von Innenminister Grzesinski, schaffte die Regierung Braun die Bezirke 1927 ab. Betroffen davon waren immerhin 12.000 Gutsbezirke mit zusammen 1,5 Millionen Bewohnern. Allerdings gab es in Ostelbien weiterhin Relikte alter Zustände.
Anders waren die Verhältnisse in den Gebieten mit einer vorherrschend bäuerlichen Bevölkerung. Dennoch blieben die Vorbehalte gegenüber der Politik in ländlichen Regionen groß. Dafür spricht das Entstehen von ländlichen Protestparteien wie der Christlich-Nationalen Bauern- und Landvolkpartei.

Das Ende der Weimarer Republik

Die Geschichte der Weimarer Republik lässt sich nach der Gründungsphase in drei Abschnitte gliedern. In den Krisenjahren von 1919 bis 1923 hatte die Republik mit den unmittelbaren Kriegsfolgen, einer Hyperinflation sowie zahlreichen Umsturzversuchen und politischen Morden zu kämpfen. In den Jahren von 1924 bis 1929 erlebte sie eine Zeit relativer Stabilität, wirtschaftlicher Erholung sowie außenpolitischer Anerkennung und Wertschätzung. Die Weltwirtschaftskrise ab Ende 1929, die Präsidialkabinette nach dem Bruch der Großen Koalition am 27. März 1930 und der Aufstieg der Nationalsozialisten mündeten schließlich in ihren Untergang.
Nach der Einsetzung der Regierung Hitler wurde Hermann Göring Reichskommissar des Inneren für Preußen. Das Amt des Reichskommissars selbst wurde, abweichend von der bisherigen Regelung, nicht vom Reichskanzler (Hitler), sondern vom Vizekanzler, also wieder Franz von Papen, übernommen. Die Ersetzung politisch nicht genehmer Beamter wurde verstärkt. Die Göring unterstellte preußische Polizei war ein wichtiges Element zur Durchsetzung der nationalsozialistischen Herrschaft. So ging etwa aus der politischen Polizei Preußens die Gestapo hervor.
Um den Weg zur Landtagsauflösung frei zu machen, wurde Ministerpräsident Braun am 6. Februar durch eine Notverordnung seines Amtes enthoben. Verfassungsgemäß konnte nun ein Dreierkollegium aus von Papen, Landtagspräsident Kerrl und dem Vorsitzenden des Staatsrates Adenauer über die Auflösung des Landtages entscheiden. Adenauer widersetzte sich dem und verließ die Verhandlungen. Daraufhin wurde von den verbliebenen Mitgliedern des Kollegiums die Auflösung beschlossen.
Am 17. Februar 1933 erließ Göring den „Schießerlaß“, der es erlaubte, mit rücksichtsloser Gewalt gegen politische Gegner vorzugehen. SA, SS und Stahlhelm wurden zu „Hilfspolizisten“ ernannt. Der Reichstagsbrand ermöglichte es, mit der Verordnung zum Schutz von Volk und Staat nicht nur zahlreiche Grundrechte außer Kraft zu setzen und die Verfolgung der politischen Gegner zu intensivieren, sondern auch die Befugnisse der Länderregierungen weitgehend aufzuheben.
Die neue Reichsregierung drängte auf ein endgültiges Ende der geschäftsführenden Regierung Braun. Bei der Neuwahl des preußischen Landtags am 5. März kam die NSDAP auf 44,3 %. Da die Nationalsozialisten in vielen Städten auch bei den Kommunalwahlen am 12. März 1933 trotz Zuwächsen keine Mehrheit hatten, erfolgte die Übernahme der Macht durch politische Manipulationen. Mit dem preußischen Gemeindeverfassungsgesetz vom 15. Dezember 1933 wurden die gewählten Gemeindeparlamente durch ernannte Gemeinderäte ersetzt.
Am 22. März 1933 konstituierte sich der neue preußische Landtag. Wie im Reich waren die Mandate der kommunistischen Abgeordneten aberkannt und viele von ihnen verhaftet worden. Dadurch hatte die NSDAP die absolute Mehrheit. Der Landtag bestätigte die Absetzung der Regierung Braun, die daraufhin auch offiziell zurücktrat. Auf die Wahl eines neuen Ministerpräsidenten verzichtete der Landtag. Durch die Gleichschaltungsgesetze vom 31. März und 7. April 1933 wurde auch Preußen dem Reich unterstellt. Am 11. April wurde Göring von Hitler zum preußischen Ministerpräsidenten ernannt. Ein letztes Mal kam der Landtag am 18. Mai 1933 zusammen. Er stimmte einem Ermächtigungsgesetz zu, mit dem das Gesetzgebungsrecht auf das Staatsministerium überging. Allein die SPD verweigerte sich dem. Dies bedeutete das endgültige Ende des demokratischen Systems in Preußen.
Die Nationalsozialisten begannen sofort damit, Preußen in ihrem Sinne neu zu interpretieren. Damit konnten sie an Tendenzen im rechten politischen Spektrum der 1920er-Jahre anknüpfen, in denen das Preußen Friedrichs II. und das Preußen Otto von Bismarcks und deren „preußischer Sozialismus“ gegen Liberalismus und Sozialdemokratie ins Feld geführt wurden. Die Eröffnung des neugewählten Reichstags wurde von Goebbels am 21. März 1933 als Tag von Potsdam als Versöhnung des nationalsozialistischen Staates mit dem alten Preußen symbolträchtig inszeniert. Dahinter steckte auch das Ziel, die alten Eliten auf die Seite des neuen Regimes zu ziehen. Eine Restauration der Monarchie, wie von diesen vielfach erhofft, erwogen die neuen Machthaber nicht ernsthaft.
Tatsächlich herrscht eine weit verbreitete Geringschätzung des Parlamentarismus, Weimar erscheint in der Summe oft als „Demokratie ohne Demokraten“. Große Teile der Eliten akzeptieren die Republik nicht – etwa die Reichswehr. Trotzdem verhalten sie sich zunächst verfassungstreu.
14 Jahre kann sich die Weimarer Republik behaupten. 14 Jahre geprägt von wirtschaftlichen Krisen, schier unüberwindbaren politischen Problemen und gesellschaftlichen Verwerfungen, aber auch getragen von Hoffnungen, diplomatischen Glanzleistungen und demokratischen Überzeugungen.
Den Tag der Eröffnung des neuen Reichstages am 13. Oktober 1930 begingen die Nationalsozialisten in Berlin auf ihre Weise. SA-Trupps zogen durch die Innenstadt, randalierten, zertrümmerten die Schaufenster des Kaufhauses Wertheim am Kurfürstendamm und weiterer Geschäfte mit angeblich jüdischen Inhabern in der Berliner Innenstadt. Hatte die Polizei in Preußen, dem größten Flächenstaat des Deutschen Reiches, für das Jahr 1929 579 gewalttätige Zusammenstöße bei politischen Versammlungen registriert, schnellte diese Zahl 1930 sprunghaft auf 2494 an, blieb 1931 mit 2904 Fällen auf einem ähnlich hohen Niveau und erhöhte sich für das Jahr 1932 noch einmal auf 5296 registrierte Zusammenstöße allein in Preußen. Politische Gewalt wurde zu einem allgegenwärtigen Phänomen im Deutschen Reich.
Am 20. Juli 1932 unterstellte Reichskanzler Franz von Papen verfassungswidrig das Land der Reichsregierung und nahm ihm so seine Eigenständigkeit. Damit hatte der Freistaat de facto bereits aufgehört zu existieren, als im Januar 1933 Nationalsozialisten unter Hitler an die Macht kamen. Eine preußische Regierung amtierte unter Hermann Göring lediglich formal weiter.
Durch die Erste Verordnung zur Vereinheitlichung und Verbilligung der Verwaltung vom 19. Juli 1934 wurden die Landesministerien faktisch mit den Reichsministerien vereinigt. In Preußen blieb aus technischen Gründen nur das Finanzministerium bestehen. Am 27. November 1934 wurde die Zweite Verordnung über den Neuaufbau des Reichs erlassen, durch die die preußischen Oberpräsidenten mit den Reichsstatthaltern der anderen Länder gleichgestellt wurden. De facto hatte damit der Staat Preußen aufgehört zu existieren.
Die Weimarer Republik endete de facto mit der Machtergreifung der NSDAP infolge der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933.
Schrittweise wurden die demokratischen Strukturen durch Verordnungen des Reichspräsidenten vom 4. Februar und 28. Februar sowie schlussendlich mit Inkrafttreten des Ermächtigungsgesetzes am 24. März 1933 abgebaut.
Die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 bewirkte in Verbindung mit den weiteren Maßnahmen der sogenannten Machtergreifung faktisch das Ende der Weimarer Republik. Zwar wurde während der gesamten NS-Zeit die Weimarer Reichsverfassung weder formell aufgehoben noch ersetzt, jedoch ist die Verfassung in wesentlichen Punkten materiell dauerhaft außer Kraft gesetzt worden.
In der Zeit des Nationalsozialismus gelang es den neuen Machthabern durchaus erfolgreich, an die preußischen Traditionen der Disziplin und Hingabe an den Staat zu appellieren. Die preußische Verwaltungseffizienz wurde für die Zwangs- und Terrorherrschaft missbraucht. Im preußisch geprägten Offizierskorps verweigerten sich Hitler nur wenige mit Berufung auf Preußen.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges bestimmte das Kontrollratsgesetz Nr. 46 vom 25. Februar 1947 auch de jure die Auflösung Preußens aufgelöst.